Eines anderen Kind

Stuttgart, 20. Juli 2017. Zum Ende der Spielzeit 2017/18 trennt sich das Stuttgarter Ballett von seinem zweiten Hauschoreographen, Marco Goecke. Das meldete die Stuttgarter Zeitung (11. Juli 2017). Goeckes Vertrag wird vom designierten Ballettintendanten Tamas Detrich nicht verlängert. Bereits Mitte Mai hatte sich der amtierende Ballettintendant Reid Anderson vom langjährigen Hauschoreographen Demis Volpi getrennt.

Überraschend kommt die Nichtverlängerung für Marco Goecke nicht: Schon im März hatte der international renommierte Choreograph ein Sondierungsgespräch mit Tamas Detrich als Kündigung verstanden. Detrich dementierte. Im Gespräch sei es "lediglich um mögliche Pläne" gegangen, erklärte er am 10. März 2017 gegenüber der Stuttgarter Zeitung.

Nun ist Marco Goeckes Nichtverlängerung offiziell. Als Begründung ließ Tamas Detrich wissen, er wolle zu Beginn seiner Intendanz 2018/19 "eine eigene künstlerische Richtung einschlagen" und deshalb ohne Hauschoreografen arbeiten: "Marco Goecke war Reid Andersons Kind, er hat ihn unterstützt von Anfang an", so Detrich.  "Ein Intendantenwechsel bringt Umbrüche mit sich, das wird jeder verstehen." Dennoch hoffe er, "dass es Marco Goeckes Ballette weiter in unserem Repertoire geben wird".

Marco Goecke ist dem Stuttgarter Ballett seit 2005 als Hauschoreograph verbunden. In der Zeit schuf er mehr als ein Dutzend Ballette für die Compagnie. Goecke choreographierte auch für das Hamburg Ballett, das Scapino Ballet Rotterdam, das Norwegische Nationalballett oder Les Ballets de Monte Carlo. Beim Nederlands Dans Theater ist der gebürtige Wuppertaler assoziierter Choreograph. 2015 wählten die Kritiker*innen der Fachzeitschrift "tanz" Marco Goecke zum Choreografen des Jahres.

Die Personalentscheidungen beim Stuttgarter Ballett gehen einher mit größeren Umbrüchen am Staatstheater: 2018 verlassen die Intendanten aller drei Sparten – Armin Petras (Schauspiel), Jossi Wieler (Oper) und Reid Anderson (Ballett) – das Haus.

(Stuttgarter Zeitung / Stuttgarter Ballett / eph)

Eines anderen Kind

Stuttgart, 20. Juli 2017. Zum Ende der Spielzeit 2017/18 trennt sich das Stuttgarter Ballett von seinem zweiten Hauschoreographen, Marco Goecke. Das meldete die Stuttgarter Zeitung (11. Juli 2017). Goeckes Vertrag wird vom designierten Ballettintendanten Tamas Detrich nicht verlängert. Bereits Mitte Mai hatte sich der amtierende Ballettintendant Reid Anderson vom langjährigen Hauschoreographen Demis Volpi getrennt.

Überraschend kommt die Nichtverlängerung für Marco Goecke nicht: Schon im März hatte der international renommierte Choreograph ein Sondierungsgespräch mit Tamas Detrich als Kündigung verstanden. Detrich dementierte. Im Gespräch sei es "lediglich um mögliche Pläne" gegangen, erklärte er am 10. März 2017 gegenüber der Stuttgarter Zeitung.

Nun ist Marco Goeckes Nichtverlängerung offiziell. Als Begründung ließ Tamas Detrich wissen, er wolle zu Beginn seiner Intendanz 2018/19 "eine eigene künstlerische Richtung einschlagen" und deshalb ohne Hauschoreografen arbeiten: "Marco Goecke war Reid Andersons Kind, er hat ihn unterstützt von Anfang an", so Detrich.  "Ein Intendantenwechsel bringt Umbrüche mit sich, das wird jeder verstehen." Dennoch hoffe er, "dass es Marco Goeckes Ballette weiter in unserem Repertoire geben wird".

Marco Goecke ist dem Stuttgarter Ballett seit 2005 als Hauschoreograph verbunden. In der Zeit schuf er mehr als ein Dutzend Ballette für die Compagnie. Goecke choreographierte auch für das Hamburg Ballett, das Scapino Ballet Rotterdam, das Norwegische Nationalballett oder Les Ballets de Monte Carlo. Beim Nederlands Dans Theater ist der gebürtige Wuppertaler assoziierter Choreograph. 2015 wählten die Kritiker*innen der Fachzeitschrift "tanz" Marco Goecke zum Choreografen des Jahres.

Die Personalentscheidungen beim Stuttgarter Ballett gehen einher mit größeren Umbrüchen am Staatstheater: 2018 verlassen die Intendanten aller drei Sparten – Armin Petras (Schauspiel), Jossi Wieler (Oper) und Reid Anderson (Ballett) – das Haus.

(Stuttgarter Zeitung / Stuttgarter Ballett / eph)

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Kommentare  
Choreograph Goecke Stuttgart: Bestandschutz oder Öffnung
Niemand bedauert die Ablösung von Bechtolf durch Hinterhäuser bei den Salzburger Festspielen - jedenfalls nicht öffentlich. Niemand bedauert die Entlassungen, die das mit sich gebracht hat, niemand bedauert (vorläufig) die Neueinstellungen. Fast jeder Wechsel in der Leitung wird von Entlassungen begleitet. Das ist für die Betroffenen schmerzhaft (im Theater nicht weniger als in der Wirtschaft, in einem politischen Gremium, in einer Zeitungsredaktion). Für deren Fans ist es eine Kränkung. Die an Stelle der Entlassenen nachkommen, haben keine Advokaten. Sie konnten noch nicht beweisen, dass sie besser oder schlechter sind als jene, die sie ersetzen. Jünger sind sie in der Regel schon, und wie, wenn nicht durch Entlassung oder Tod, sollten sie ihre Chance erhalten? Man kann den Bestandsschutz für wichtiger halten als die Öffnung für neue Kräfte. Nur eins kann man nicht, wenn man sich nicht der Doppelmoral verdächtig machen will: Den Besitzstand, die Vermeidung sozialer Härten um jeden Preis verteidigen, wo einem die Gefährdeten sympathisch sind oder man mit ihnen befreundet ist, und den radikalen Wechsel, der immer auch ein soziales Entgegenkommen gegenüber den nun Beglückten bedeutet, begrüßen, wo man die Neuen - siehe Salzburg - eher schätzt als die "Freigesetzten".
Choreograph Goecke Stuttgart: weitere Möglichkeiten
Es ist natürlich schade für und um Goecke! Und nach so langer Zeit an so einem Haus wie das Stuttgarter Ballett wird sich das wie eine Scheidung anfühlen. Dennoch- ich erinnere mich nur zu gut wie es war als Anderson damals als Indendant angefangen hat- da blieb auch nicht jeder Stein auf dem anderen..
In einem Artikel hieß es, er (Goecke) habe sein soziales Umfeld etc. in Stuttgart...ich denke, er ist so gefragt als Choreograph, da muss er bestimmt nicht umziehen, um seine großartigen Stücke an anderen Häusern einstudieren zu können!
Und wegen des fehlenden Bedauerns in der Öffentlichkeit bei Ablösungen / Kündigungen - das künstlerische Personal hat viel mehr die Möglichkeit und im Zweifel seine Fans / Fürsprecher in so einem Fall als alle übrigen Mitarbeiter. Wird nicht viel helfen was den Arbeitsplatz betrifft, aber für das eigene Empfinden natürlich besser. Balsam für die Seele sozusagen. Der entlassenen Pförtner oder der Mitarbeiter im Archiv / Buchhaltung o.ä. wird so eine öffentliche Empörung leider nie bekommen.
Ich drücke Goecke jedenfalls die Daumen- er wird weiterhin tolle Choreograpien machen (können)!
Choreograph Goecke Stuttgart: kein NV-Solo & Co.
Der entlassene Pförtner oder der Mitarbeiter im Archiv / Buchhaltung wird auch deswegen keine öffentliche Empörung bekommen, weil er gar nicht bei einem Intendantenwechsel von einer Entlassung bedroht ist, liebe Giselle.

Von Nicht-Verlängerungen bei Intendantenwechsel sind Mitarbeiter mit sogenannten "NV-Solo"-Künstler-Verträgen betroffen, also Schauspieler, Choreographen, Regieassistenen, Dramaturgen, Schauspieler usw.
Theater-Mitarbeiter in Technik oder Gewerken sind klassischerweise TVÖD-Angestellte oder (wenn sie in der Theaterverwaltung arbeiten) oft sogar verbeamtet.

Daher ist auch folgende Aussage von Ihnen schlichtweg falsch: "Und wegen des fehlenden Bedauerns in der Öffentlichkeit bei Ablösungen / Kündigungen - das künstlerische Personal hat viel mehr die Möglichkeit und im Zweifel seine Fans / Fürsprecher in so einem Fall als alle übrigen Mitarbeiter."

Alle NV-Solo Verträge können mit genug zeitlichem Vorlauf "nichtverlängert" werden, so zum Beispiel von einem neuen Intendanten. Bei TVÖD-Verträgen sieht das völlig anders aus, und TVÖD Angestellte an jedem deutschen Stadt- und Staatstheater haben sehr starke Fürsprecher - nämlich der jeweilige städtische Personalrat und Gewerkschaften wie ver.di.

Will sagen: Aufgrund der völlig verschiedenen Vertragssituationen von verschiedenen Berufsgruppen im deutschen Theatersystem sind die Stellen der "Künstler" rechtlich am wenig dauerhaft geschützt, wegen der völlig regulären Nicht-Verlängerungsklauseln in den entsprechenden NV-Solo Verträgen. Diese Nicht-Verlängerungsklausel ist sozusagen die "Sollbruchstelle" in jedem NV-Solo Vertrag.

Für die von Ihnen beispielhaft erwähnten Mitarbeiter Pforte, Buchhaltung und Archiv hat ein Intendanzwechsel dagegen keine bestimmten Auswirkungen, da sie keine NV-Solo Verträge haben, und die Kündigung eines TVÖD-Vertrags rechtlich nur unter sehr sehr spezifischen Umständen möglich ist (von den verbeamteten Theatermitarbeitern gar nicht zu reden).
Choreograph Goecke Stuttgart: öffentliche Empörung
@Bündchen:
Mir sind die verschiedenen Vertragsarten durchaus bekannt und ich weiß, wie Intendanten-Wechsel ablaufen mit Nichtverlängerungsgesprächen und Mitteilungen bis zum 31.10. der laufenden Spielzeit oder früher, je nachdem, wie lang der betreffend am Haus ist, etc.etc.
Das war auch überhaupt nicht mein Thema!
Mir ging es keinesfalls um den Intendantenwechsel, sondern tatsächlich um die öffentliche Empörung, die alle übrigen Mitarbeiter nicht erfahren, wenn sie z.B. "freiwillig unfreiwillig" gehen. Das gibt es auch- nur darüber wird nicht gesprochen- im/am Haus nicht und in der Öffentlichkeit erst recht nicht.
Kurz noch zu Ihren erwähnten "verbeamteten" Theatermitarbeitern- wer soll das denn sein? Ist mir noch nie untergekommen...!
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