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Moskau: Theaterzeitschrift Teatr eingestellt

30. März 2022. Die in Moskau erscheinende russische Zeitschrift "Teatr" musste in der vergangenen Woche "auf unbestimmte Zeit ihre Aktivitäten einstellen". Das geht aus einer Mitteilung auf dem Online-Auftritt der Zeitschrift hervor. Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hatte "Teatr" (bis einschließlich 3. März 2022) eine Online-Chronik geführt, auf der Auswirkungen und Reaktionen auf den Krieg in der Kultur aufgelistet waren: Verbote, Rücktritte, Entlassungen, Erklärungen und internationale Reaktionen oder Solidaritätsbekundungen.

Chefredakteurin Marina Davydova hatte am 22. März 2022 ein vom stellvertretenden Vorsitzenden des Gewerkschaftsbundes der Russischen Föderation Gennadi Smirnov unterzeichnetes Schreiben erhalten, das über die "Aussetzung der Aktivitäten" der Zeitschrift informierte. Diesem Verband gehört auch der Verband der Theaterschaffenden der Russischen Föderation an. Der Vorsitzende Alexander Kalyagin bestätigte die "Suspendierung" der Zeitschrift am Anfang der Woche noch einmal. Kalyagin ist in Russland ein hochdekorierter Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter.

Marina Davydowa verließ Russland bereits vor fast fünf Wochen. Unmittelbar nach Kriegsbeginn hatte sie auf ihrer Facebookseite einen Appell veröffentlicht und die russische Theaterszene aufgefordert, sich den Forderungen ihres Appells anzuschließen. "Wir betrachten die Ukraine als ein unabhängiges und autonomes Land", hieß es darin unter anderem. "Wir wollen nicht, dass Russland zu einem Schurkenstaat wird. Wir wollen, dass das Blutvergießen sofort aufhört." Dieser Appell war von "Teatr" online ebenfalls veröffentlicht worden. Jetzt ist auch Marina Davydowas Stellvertreterin Alla Shenderova ohne Arbeit, deren Artikel für die Moskauer Tageszeitung "Kommersant" über die Auswirkungen des Krieges auf die russische Kulturszene nachtkritik.de dokumentiert hat.

In einem Schreiben wandte sich am 29. März 2022 der russische "Verband der Theaterkritiker" an den Vorsitzenden des Verbandes der Theaterschaffenden Alexander Kalyagin. Man sei zutiefst besorgt über die Nachricht von der Einstellung von "Teatr", das zu den wenigen Fachzeitschriften im Land gehöre, die noch Platz für professionelle Kritik und akademische Theaterwissenschaft habe.

(sle)

 

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