Medienschau: Zeit – Sind Theater "zu woke" für ihr Publikum?
Orte der Buße?
Orte der Buße?
20. Oktober 2022. In der Zeit analysiert Tobi Müller das Problem des Publikumsschwunds an den Theatern nach Corona, das er lieber als "Publikumsschwankung" beschrieben sehen möchte, und diskutiert verschiedene Thesen, die das Phänomen derzeit begründen helfen.
Der zuletzt vielfach in verschiedenen Zeitungen vorgebrachte Vorwurf, viele Häuser seien "zu woke", überzeugt Müller nicht, auch wenn die Sprache mancher Ankündigungstexte "an die von Achtsamkeitsworkshops" erinnere, "und einige wenige Stadttheater und sehr viele Produktionshäuser der freien Szene" sich "als Orte der Buße" inszenierten, "an denen die sogenannte Mehrheitsgesellschaft erst Abbitte zu leisten hat, bevor man gemeinsam heilen kann".
Müller bringt den "Zuschauerrückgang von ungefähr 20 Prozent" mit der schrumpfenden Theaterberichterstattung in den Zeitungen und dem zunehmenden Einfluss der Social Media zusammen, die bestimmte, bildmächtige Ästhetiken (etwa Solos oder starke Setzungen im Bühnenbild) unterstützten und so zu einer "Konzentration“ führten, "zu viel Verkäufen an der Spitze und zu Schwund in der Mitte und in der sogenannten Fläche".
Der These, dass Häuser "zu woke" seien, hält Müller entgegen, dass "äußert aktivistische" Inszenierungen wie "Wilhelm Tell" in Zürich oder "Ophelia's got Talent" in Berlin durchaus zu Publikumsrennern avancierten.
Gleichwohl räumt Müller ein, "dass einige Spielpläne in der Pandemie eine Schlagseite zum Allesrichtigmachen erhalten haben. Zum einen sind das die Nachbeben der vielen, nicht immer restlos geklärten Debatten um Machtmissbrauch bis hin zu Enthüllungen mutmaßlich sexistischen oder rassistischen Verhaltens in den Theatern. Viele Häuser versuchen augenscheinlich, sich zu reformieren und zu lernen, sie experimentieren und klingen dabei manchmal noch etwas ungelenk."
(zeit.de / chr)
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