Phädra - Oliver Reese lässt Racines Tragödie leuchten
Kupfer-Sturz ins Pathos
von Marcus Hladek
Frankfurt, 12. Dezember 2009. Trügt der Eindruck, oder drängt das Sprechtheater in letzter Zeit zunehmend nach ganz vorn: vor eine Mauer, die den tiefen Raum dauernd verdeckt oder für dramatische Öffnungseffekte aufspart? Bei dem neuen Frankfurter Intendanten Oliver Reese, der im Bühnenbild wie schon oft auf Hansjörg Hartung vertraut, verbindet sich diese Entscheidung fürs flache Spiel im Raum, das Tiefen in der Seele sucht, mit einem großen Stilzitat aus der historischen Aufführungspraxis. Seine Wand besteht aus Kupferblech mit einem Spalt für Auf- und Abgänge, was die schönsten Assoziationen aufruft, von der simplen Palastfassade zum metallischen Glast der französischen Alexandriner und der Seitenverkehrung im Kupferstich.
Komm süßer Tod - Klaus Gehres erfindungsreiche Uraufführung des Wolf-Haas-Romans
Es ist schon wieder jemand tot
von Esther Boldt
Frankfurt am Main, 24. November 2009. Es ist der Stoff, aus dem die Legenden sind. Wolf Haas' "Komm süßer Tod" gewann 1999 den Deutschen Krimi-Preis, die Verfilmung von Wolfgang Murnberger mit dem knorzigen Josef Hader als Detektiv wider Willen im Wiener Dschungel ist Kult. Im Juni 2008 hat dann Klaus Gehre den Roman als Werkstattinszenierung am Schauspiel Leipzig auf die Bühne gebracht, jetzt hat der neue Frankfurter Intendant Oliver Reese diese Uraufführung in sein Haus geholt. Und in der Hauptrolle: der Brenner.
Ödipus/Antigone - Michael Thalheimers verkühlter Sophokles-Verschnitt eröffnet die Intendanz Reese
Das Heulen des Helden
von Esther Boldt
Frankfurt am Main, 1. Oktober 2009. Die Blutflecke sind schon da auf der kargen Sperrholzbühne und mit ihnen das kalte Grausen. Bei Regisseur Michael Thalheimer ist es besonders kalt. Er hat sich als Klassiker-Skelettierer einen Namen gemacht, nun eröffnet er mit gleich zweimal Sophokles die Intendanz von Oliver Reese am Schauspiel Frankfurt: "Ödipus" und "Antigone", die fortgesetzte Geschichte einer Blutschuld. Und zwei antike Tragödien, in denen streng und stolz nach Wahrheit geforscht wird, auch wenn diese mit Tod und Schrecken verbunden ist: König Ödipus, der unversehens über sich selbst zu Gericht sitzt, als er herausfindet, wer er ist. Und seine Tochter Antigone, die Gottesgesetz vor Menschengesetz stellt und dafür lebendig begraben wird.
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