König Lear - Markus Dietze inszeniert John von Düffels Bearbeitung in Koblenz als großes Täuschen und Enttäuschen
Abgang auf blutigen Knien
von Shirin Sojitrawalla
Koblenz, 9. September 2017. "König Lear" ist ein Stück über das Alter, den Wahnsinn, den Undank und die Gemeinheit in Reinnatur. Ein Stück über vieles und über das Nichts. Daneben ist diese Familientragödie von jeher ein Stück über die Täuschung, das Schau-Spielen, die Ent-Täuschung. Der Schriftsteller und Dramaturg John von Düffel betont diesen Aspekt, indem er in seiner Bearbeitung einige wichtige Figuren zwar streicht, aber doch spielen lässt, nur eben von anderen Figuren. Gloster und seine zwei ungleichen Söhne Edmund und Edgar sind so eigentlich gestrichen und doch präsent, weil Tochter Cordelia auch Edgar spielt und der Narr auch Edmund und Kent auch Gloster.
Ich schlief mit Gott – Marco Štormans Uraufführung eines neuen Stücks von Katja Brunner am Staatstheater Mainz
Seelenruhe und Dinkelbrei
von Grete Götze
Mainz, 10. Juni 2017. Wer glaubt, nach diesem Abend viel mehr über die Mystikerin Hildegard von Bingen zu wissen als vorher, der irrt. Die 1991 geborene Zürcher Nachwuchsdramatikerin Katja Brunner hat für das Staatstheater Mainz eher eine freie Assoziationskette zur Ärztin und Äbtissin aus dem Mittelalter geschrieben, die zwei Klöster am Rhein leitete und durch ihren starken Willen in einer männlich dominierten Welt der katholischen Kirche wie ihre Visionen bekannt wurde. Der dreißigseitige Stücktext ist eine wilde Mischung aus Groß- und Kleingeschriebenem, Spiegelstrichen und Überschriften. Figuren oder stringente Handlungen sucht man hier vergeblich. Irritierende Sprachbilder, etwa vom Schambereich einer Hexe, aus der ein Fußballverein raus strömt, oder "durcheinander fahrende Gedanken zwischen Schädelplatten", gibt es dafür umso mehr.
Happy Hour - Lothar Kittsteins Kneipenstück übers Im-eigenen-Saft-Kochen, am Theater Trier inszeniert von Alice Buddeberg
Der Fluch der Provinz
von Rainer Nolden
Trier, 12. Mai 2017. Der Tod der Trierer Studentin Tanja Gräff, die 2007 nach einem Universitätsfest spurlos verschwunden war und deren sterbliche Überreste knapp acht Jahre später in der Nähe des Hochschulgeländes gefunden wurden, sorgte bundesweit für Aufsehen. Der nach wie vor ungeklärte Fall, bei dem die ermittelnden Behörden keine gute Figur gemacht hatten, rief erneut heftigen Wirbel hervor, als der inzwischen entlassene Intendant des Theaters Trier, Karl Sibelius, für diese Spielzeit ein Stück über den "Fall Tanja Gräff" ankündigte. "Die rote Wand" sollte es heißen – eine Anspielung auf das felsige Gelände am Moselufer, wo die Leiche der jungen Frau entdeckt worden war; der aus Trier stammende Dramatiker Lothar Kittstein war mit der Arbeit betraut worden. Aufgrund des Gegenwindes aus der Stadt und dem privaten Umfeld der Verstorbenen sowie im Zusammenhang mit theaterinternen Personalquerelen wurde der Auftrag zurückgezogen und Kittstein um ein anderes Werk gebeten.
Begehren - Eine doku-fiktionale Feldforschung von Gesine Schmidt am Staatstheater Mainz
In der Klischee-Falle
von Shirin Sojitrawalla
Mainz, 3. Dezember 2016. Das Performance-Kollektiv She She Pop setzte sich in seiner jüngsten Produktion Fifty Grades of Shame mit Begehren, Scham und Schande auseinander. Kein ganz großer She She Pop-Abend, aber einer, der zumindest mit einigen Humor-Herrlichkeiten und unverfrorenen Unverschämtheiten Lust zu bereiten wusste. Sehr viel reizloser verhandelt jetzt ein kleiner Abend in der Spielstätte U17 am Mainzer Staatstheater das Begehren in seinen heutigen Ausführungen.
Regie: Markus Dietze
Regie: Wolfgang Hagemann
Regie: Niklaus Helbling
Regie: Johannes Schmit
Seite 2 von 3
meldungen >
- 18. Mai 2024 Publikumsstudie 2023 am Badischen Staatstheater
- 18. Mai 2024 ITI-Preis 2024: KULA Compagnie
- 17. Mai 2024 Mülheim: KinderStückePreis 2024 an Armela Madreiter
- 17. Mai 2024 Interimslösung für Volksbühne Berlin
- 16. Mai 2024 Cottbus: Hasko Weber wird Interimsintendant
- 14. Mai 2024 Hamburg: Matthias Lilienthal übernimmt Lessingtage
- 13. Mai 2024 Bayreuther Festspiele: Katharina Wagner verlängert
- 11. Mai 2024 EU-Nachhaltigkeitsprojekt "Greenstage" gestartet
neueste kommentare >
-
ITI-Preis 2024 Mit einem Wort
-
They them Okocha, Frankfurt/Main Falsche Erwartungen
-
Polizei, Ruhrfestspiele Werkgruppe 2 auf nachtkritik
-
Hundekot-Attacke, Theatertreffen Nichts ist zuviel
-
Schimmelreiter, Berlin Langeweile
-
Hundekot-Attacke, Theatertreffen Stinkefinger mit Küsschen
-
Maria Stuart, München Münzenwurf
-
Maria Stuart, München Konzept
-
KinderStückePreis Madreiter Verdient
-
Hasko Weber nach Cottbus Umbauerprobter Intendant
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau