Justizmord des Jakob Mohr - Eva Kotátková zeigt in ihrer deutschen Erstaufführung am Theater Heidelberg einen historischen Psychiatriefall als totales Theater
Die Logik der Schuld
Don Quijote - Jan Jochymski ruft mit Rebekka Kricheldorfs Cervantes-Adaption am Landestheater Tübingen zur Befreiung aus gescheiterten Lebensentwürfen
Oh, wie schön ist La Mancha
von Elisabeth Maier
Tübingen, 22. Juni 2018. Weltliteratur, ins Wohnzimmer eines schrulligen Träumers verpflanzt: Bei Rebekka Kricheldorf, der Meisterin zeitgenössischer Komödienkunst, flüchtet Don Quijote alias Herr Alfons in eine Scheinwelt der Poesie. Die aber öffnet ihm den Weg in reale Abenteuer. Seine Vertreibung aus dem Bücherparadies beflügelt die Ironie der Gegenwartsautorin. Miguel de Cervantes Meisterwerk klopft sie auf seine Aktualität ab. Seine Vertreibung aus dem Bücherparadies liefert dem Ensemble des Landestheaters Tübingen nicht nur herrliches Rollenfutter. Regisseur Jan Jochymski kitzelt in seiner vergnüglichen Interpretation gerade die leisen, dunklen Töne von Kricheldorfs Text heraus, der im Mai 2017 in Osnabrück uraufgeführt wurde. Das Leben tut weh. Aber schön ist es doch.
Die Physiker - In Heidelberg inszeniert Annette Pullen Dürrenmatt zwischen Groteske und Komödie
Irre hilflos
von Thomas Rothschild
Heidelberg, 17. Juni 2018. Die Krankenschwester Irene Straub tritt an die Rampe, singt "Wenn ich ein Vöglein wär" und wirft dem Zuschauer, dessen Handy klingelt, einen tadelnden Blick zu. Dann hört man einen Knall, die Schwester fällt tot zu Boden. Der Vorhang hebt sich, aus dem Bühnennebel schält sich ein Tohuwabohu, das Schlimmes befürchten lässt. Doch dabei bleibt es nicht. Es ist offenbar nur der Anreißer, mit dem sich die Regisseurin Annette Pullen die Aufmerksamkeit des Publikum sichern möchte. Dann kommt noch der Kriminalinspektor Richard Voß durch den Saal, mit zwei Colts am Gürtel und in Cowboystiefeln, und die restlichen Darsteller deuten zu lauter Musik zappelnd die Gesten von Rockmusikern an.
Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm / Nach der Ruhe vor dem Sturm - Ein Mannheimer Doppelabend von Burkhard Kosminski und Theresia Walser über das harte Rollenleben von Schauspieler*innen
Männer spielen Nazis, Frauen gehen ab
von Steffen Becker
Mannheim, 9. Juni 2018. Auf dem Traumschiff oder im Nazibunker? Nehmen wir an, Sie wären Schauspieler*in. Wo sähen Sie sich lieber? Was würde Ihrer Karriere eher nutzen? Die Autorin Theresia Walser und ihr Regie-Symbiot Burkhard C. Kosminski verweben für die Ergründung dieser Frage zwei Stücke: "Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" war Walsers erstes Werk in Mannheim, unzählige Male gespielt, in Mannheim und anderswo. Alternde Hitler-Darsteller unterhalten sich darüber, ob man so eine Figur überhaupt spielen darf (aber eigentlich, wer es besser hinbekommen hat).
Die Jungfrau von Orleans - Von Johanna Wehner am Theater Konstanz unterhaltsam gemacht
Wenn die Krise schillert
von Thomas Rothschild
Konstanz, 2. Juni 2018. Die Righteous Brothers singen ihre "Unchained Melody", und Karl der Siebente, König von Frankreich, zieht eine Clownerie ab, die an Charlie Chaplin erinnert oder auch an Richard Widmark, der in einer der vielen Verfilmungen des Jeanne d'Arc-Stoffes den Dauphin als ziemlichen Trottel spielt. In Konstanz ist Johanna Link der König, ihr erfolgloser Kampf mit dem Mikrophon, über das sie, zusammenklappend, in alle Richtungen umfallend, eine Ansprache halten soll, bildet den Höhepunkt des Abends, und die Schauspielerin wird mit ihren ständigen Verrenkungen und ihrer ausgeprägten Körpersprache zum Zentrum der Aufführung. Als infantiler König spricht sie wie jemand, der in einem Wienerisch, das er nicht beherrscht, versucht, einen Wiener zu imitieren, der versucht, Hochdeutsch zu sprechen, das er nicht beherrscht.
Regie: Marie Bues
Regie: René Pollesch
Regie: Amir Reza Koohestani
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