Figaros Hochzeit - Im "Opernhaus" der Münchner Kammerspiele lässt David Marton Mozarts Oper aus dem Nichts kommen
Garantiert ohne Sex
von Sabine Leucht
München, 11. Juni 2016. Gerade haben sich alle zum Eingangs-Gruppenbild postiert und im Chor die Zahlen gesungen, die Figaro jenem Raum abliest, in dem er nach der Hochzeit mit Susanna zu leben gedenkt, da befindet man sich schon auf posthochzeitlichem Gebiet. Michael Wilhelmis hämmerndes Klavier verschluckt die Worte über Susannas entzückenden Hut. Man lobt das Fest, und eine in Papageienfarben gewandete Dame preist Rieslingsekt von der Mosel an. Das ganze bei Mozart und da Ponte drei von vier Akten dauernde Hin und Her davor, die Gier des Grafen nach der Zofe Susanna, die ganzen Listen und Schliche dagegen und die Enthüllung von Figaros Herkunft: All das spart sich David Marton in seinem "Opernhaus", das er für diese Spielzeit an den Münchner Kammerspielen eingerichtet hat.
Töt' erst sein Weib - Im Nürnberger Dokuzentrum Reichsparteitagsgelände macht Stefan Otteni aus drei "Leonore"-Fassungen Beethovens ein neues Stück über politische Gefangenschaft
Zwei Frauen gegen den Rest der Welt
von Dieter Stoll
Nürnberg, 6. Juni 2016. Nebenan in den weiten Hohlräumen des Nazi-Colosseums hatten 2009 die aussterbenden Zeitzeugen mit dem Text von Peter Weiss' verdichteten Auschwitzprozess-Protokollen zum Ortstermin Nürnberg gebeten. Es war eine lange nachwirkende Gedenkmarsch-Inszenierung von Die Ermittlung durch Kathrin Mädler, die jetzt grade als Intendantin in Memmingen antritt. Stefan Otteni rückt mit seiner bis nach Guantánamo reichenden Verlängerung eines hausgemachten Extrakts von Beethovens "Leonore"-Experimenten (vor dem Einrasten ins heute gängige "Fidelio"-Opernformat) in der backsteinrohen Ausstellungshalle des Dokuzentrums nicht bloß räumlich nah an dieser Erinnerung – er bleibt auch nahe bei sich. Der Regisseur suchte in den letzten Jahren immer wieder mit der Aufhebung der Sparten den neuen Blick. In Nürnberg zuletzt mit einer Schauspieler-"Bohème", einem von Gegenwart bedrängten Händel-"Judas Maccabäus", kürzlich in Bamberg in der Verbindung von Theater und Symphonikern für einen Befund "Von deutscher Seele". Otteni setzt auf offene Grenzen.
Iwanow - Martin Kušej nimmt sich viel Zeit für Tschechows Frühwerk am Münchner Residenztheater
Kein Fluchtweg aus dem Salon der Selbstgerechten
von Petra Hallmayer
München, 4. Juni 2016. "Wer bin ich? Was will das besagen: Die Welt? (...) Wer hat mich in das Ganze hineingenarrt und lässt mich nun da stehen?", fragt eine Stimme aus dem Off, während Iwanow taumelnd umherirrt, ehe er eine Pistole ergreift und verschwindet. Kurz danach sehen wir ihn allein im Dämmerlicht sitzen und halblaut die nämlichen Sätze Søren Kierkegaards lesen. Mit einem düsteren Vorspiel eröffnet Martin Kušej seine Inszenierung von Tschechows frühem Drama "Iwanow" um einen gescheiterten Intellektuellen, der seine Ideale verfehlt hat und in bleigrauer Schwermut gestrandet ist.
Die letzte Karawanserei - Am Münchner Metropoltheater entdeckt Jochen Schölch die Zeitlosigkeit von Ariane Mnouchkines Szenen von Flucht und Entmenschlichung
Träume ohne Gnade
von Sabine Leucht
München, 2. Juni 2016. Den Schlussapplaus holen sich die Schauspieler in neuen Rollen ab. Eine raue Coverversion von Simon & Garfunkels "Sound of Silence" beschwert die Stille. Und durch den bühnenbreiten Vorhang auf der Bühne des Metropoltheaters schimmern zehn gesichtslose bunte Schemen. Es ist ein Überraschungsmoment, wenn auf einen Schlag zehn Menschen hinter ihnen hervortreten, um dann sehr ernst und in starren Posen die ersten Klatscher zu provozieren. Ihre sanft folklorisierten Gewänder haben sie mittlerweile gegen schwarze Alltagskleidung getauscht, in der sie wirken wie Puppenspieler, die gerne unsichtbar bleiben.
Regie: Brit Bartkowiak
Regie: Frank Castorf
Regie: Felix Rothenhäusler
Regie: Jessica Glause
Seite 11 von 21
meldungen >
- 18. Mai 2024 Publikumsstudie 2023 am Badischen Staatstheater
- 18. Mai 2024 ITI-Preis 2024: KULA Compagnie
- 17. Mai 2024 Mülheim: KinderStückePreis 2024 an Armela Madreiter
- 17. Mai 2024 Interimslösung für Volksbühne Berlin
- 16. Mai 2024 Cottbus: Hasko Weber wird Interimsintendant
- 14. Mai 2024 Hamburg: Matthias Lilienthal übernimmt Lessingtage
- 13. Mai 2024 Bayreuther Festspiele: Katharina Wagner verlängert
- 11. Mai 2024 EU-Nachhaltigkeitsprojekt "Greenstage" gestartet
neueste kommentare >
-
Dibbuk, Recklinghausen Musik
-
Macbeth, Theatertreffen Voll und ganz missglückt
-
Maria Stuart, München Tauschrituale
-
ITI-Preis 2024 Mit einem Wort
-
They them Okocha, Frankfurt/Main Falsche Erwartungen
-
Polizei, Ruhrfestspiele Werkgruppe 2 auf nachtkritik
-
Hundekot-Attacke, Theatertreffen Nichts ist zuviel
-
Schimmelreiter, Berlin Langeweile
-
Hundekot-Attacke, Theatertreffen Stinkefinger mit Küsschen
-
Maria Stuart, München Münzenwurf
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau