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Die Dramaturgin Annette Reber ist gestorben

Dramaturgin, Autorin, Regisseurin

Berlin, 24. Januar 2008. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist die Dramaturgin, Autorin und Regisseurin Annette Reber gestorben. Während der Intendanz von Volker Hesse war sie zuletzt Chefdramaturgin des Berliner Maxim Gorki Theaters.

Den Spielplan des Maxim Gorki Theaters prägte sie u.a. durch Reihen zur Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. So entwickelte sie gemeinsam mit Armin Petras die Werkstatt-Reihe Glaube II über 40 Jahre DDR, mit Adriana Altaras nahm sie die deutsche Gedenkkultur ins Visier, schrieb gelegentlich Kinderstücke und hatte in den letzten Jahren auch zu inszenieren begonnen.

Annette Reber wurde 1964 in Berlin geboren. Ihr Vater war die DDR-Sportmoderatorenlegende Heinz Florian Oertel, der seine Karriere in den Fünfziger Jahren als Schauspieler und Regieassistent am Theater in Cottbus begann. In Berlin und später in Wien hat Annette Reber Theaterwissenschaften studiert und die DDR kurz vor der Wende verlassen. Nach 1990 kehrte sie nach Berlin zurück, gehörte unter Thomas Langhoff lange zur Dramaturgie des Deutschen Theaters, bis sie dann 2001 Chefdramaturgin im Maxim Gorki Theater wurde.

Im vergangenen Jahr gab sie im Berliner Eulenspiegel Verlag ein Buch mit nachgelassenen Texten und Reden des Schauspielers Eberhard Esche heraus, der der Vater ihres 1998 geborenen Sohnes Jonathan ist. Annette Reber war zuletzt mit dem Regisseur Alexander Lang verheiratet. Sie starb am 13. Januar nach schwerer Krankheit in Berlin.

(sle)

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Kommentare  
Annette Reber: Erinnerung eines Schweizer Kollegen
21.03.2010
Auf der Suche nach Annette Reber habe ich heute diesen Artikel gefunden. Das hat mich tief getroffen, da ich mit Annette Reber in den Jahren 1986-89, in enger beruflicher und freundschaftlicher Beziehung stand.
Ende 1986 habe ich in Zusammenarbeit mit dem DEFA-Studio in Babelsberg, als Autor und Regisseur den Spielfilm 'Pestalozzis Berg' vorbereitet. Heinz Reber, der für den Film vorgesehene Schweizer Musikkomponist, hatte seit kurzer Zeit eine Beziehung mit Annette Oertel und bat mich, ihm bei seinen Visa Problemen und bei der (unbegrenzten) Visa Beschaffung für die DDR behilflich zu sein, was mir auch gelang. Bereits vor der Produktion des Films (1987), planten Heinz Reber und Annette Oertel zu heiraten. Ich versuchte meinerseits, Annette Oertel, wegen ihrer hoch qualifizierten 'stillen' Mitarbeit in meinem Projekt, als Regieassistentin zu gewinnen, was allerdings gegen die Verträge mit dem DEFA-Studio (Einer Co-Produktion CH-DDR-BRD-I) verstiess. Eine Regelung sah vor, dass sich gegenseitig kein Land in die Besetzungsabsichten (für technisch Mitarbeitende) des jeweiligen Landes einmischen dürfte. Die DEFA-Direktion war nicht bereit, meine Bitte zu erfüllen und pochte auf das Vertragsrecht. Es war also ausgeschlossen, Annette Oertel ins Team aufzunehmen. Heinz Reber und Annette Oertel zogen danach ihren Hochzeitstermin auf meinen Rat hin um einige Wochen oder Monate vor und Annette Oertel gelang es nach zähen Verhandlungen (vermutlich als eine der ersten Personen aus der DDR überhaupt), eine Bewilligung zu einer Doppelbürgerschaft mit einem westlichen Land, zu erhalten. DDR Bürgerinnen wurde damals bei Heirat automatisch die DDR-Bürgerschaft entzogen. Sicher war sie die erste DDR-Schweizerin mit anerkannter Doppelbürgerschaft. Nach der Hochzeit blieben gerade zwei Wochen vor der definitiven Unterzeichnung der technischen Besetzungsliste zum Film. Mit ungewöhnlichem Verständnis für unsere Bedürfnisse und unbernischer Eile, stellten die Behörden des Kantons Bern, einen auf die Schweizer Bürgerin Annette Reber lautenden Schweizer Pass aus und ich sah mich nun berechtigt, Annette Reber als Schweizerin, zwei Tage vor Unterzeichnung der Besetzungsliste, zu führen. Als die Direktion des DEFA-Studios bei den abschliessenden Ver-handlungen von uns verlangten, Annette Reber als DDR-Bürgerin von unserer Liste zu streichen, übergab ich dem leitenden Direktor Fotokopien ihres Schweizer Passes und einen Auszug aus dem Bernischen Zivilstandsregister. Damit war die Diskussion (mit langen Gesichtern) beendet und Annette Reber nun eine meiner Regieassistentinnen. Ob die Direktion des Studios je bemerkte, dass Annette Reber zu dieser Zeit Doppelbürgerin war, entzieht sich meinen Kenntnissen.
Peter von Gunten, Filmregisseur, Bern
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