meldung
Vorstellung der Regisseurin Yael Ronen in Berlin abgesagt
15. Oktober 2023. Die Vorstellung des Stücks "The Situation" der Regisseurin Yael Ronen am 23. Oktober im Berliner Maxim Gorki Theaters wurde vor dem Hintergrund der Eskalation im Nahen Osten abgesagt. Das teilt das Theater auf seiner Webseite mit.
In dem 2015 entstandenen Erfolgsstück des Hauses, das auch zum Berliner Theatertreffen eingeladen war, verlegen die 1976 in Jerusalem geborene Regisseurin und ihr Ensemble den Nahost-Konflikt nach Berlin Neukölln in einen Sprachkurs für Migrant*innen. Dem Ensemble gehören unter anderem Schauspieler*innen aus Israel (jüdischer und palästinensischer Herkunft) und aus Syrien an. Wie immer bei ihren Arbeiten spürt die Regisseurin mit dem Ensemble aus Beteiligten in den Abgründen des Konflikts auch sein tragikomisches Potenzial auf. Und damit Hoffnung auf Verständigung. Hier der Trailer zur Produktion.
"Zur 'Situation' gehört heute der Krieg", heißt es nun in der Erklärung für die Absage unter anderem. "Wir erkennen unsere Ohnmacht. Wir sind betroffen." Doch gebe es in einem Krieg auch Getroffene. "Das müssen wir uns klar machen. Dafür müssen wir Haltungen und Sprachen finden."
"Der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel stellt uns auf die Seite Israels", so das Gorki Theater in seinem Statement weiter. "Die Hamas nimmt die bereits seit Jahren durch Menschenrechtsverletzungen gebeutelte palästinensische Zivilbevölkerung selbst in Geiselhaft. Hinter diesen menschlichen Schutzschilden schießt sie Raketen ab. Die nun erfolgende Antwort Israels trifft alle Palästinenser*innen und wird sie noch weiter in die Arme der Hamas treiben. Israel aber muss sich wehren."
"Theater lebt von der Vielstimmigkeit. Von der Auseinandersetzung, vom Streit. Mit den großen Vereinfachern aber kann es wenig anfangen." Der Krieg sei ein solcher Vereinfacher. Er verlange "nach der einfachen Einteilung in Freund und Feind. Er wird die Probleme nicht lösen. Er lebt von der Eskalation." Diese Gemengelage läßt das Theater nun am Sinn seiner Anstrengungen zweifeln.
(Gorki Theater / sle)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 30. April 2024 Ehrung für Ulrich Matthes
- 29. April 2024 Theaterneubau in Rostock begonnen
- 29. April 2024 Auszeichnung für Kurzfilmtage-Leiter Lars Henrik Gass
- 29. April 2024 Publikumspreis für "Blutbuch" beim Festival radikal jung
- 27. April 2024 Theater Rudolstadt wird umbenannt
- 26. April 2024 Toshiki Okada übernimmt Leitungspositionen in Tokio
- 26. April 2024 Pro Quote Hamburg kritisiert Thalia Theater Hamburg
- 25. April 2024 Staatsoperette Dresden: Matthias Reichwald wird Leitender Regisseur
neueste kommentare >
-
Interview Übersetzer*innen Konkret kritisieren
-
Interview Übersetzer*innen Sträflich wenig beachtet
-
Pygmalion, Berlin Aushalten oder lassen
-
Pygmalion, Berlin Muss das sein?
-
Zentralfriedhof, Wien Weder komisch noch grotesk
-
RCE, Berlin Ziemlich dünn
-
Zentralfriedhof, Wien Akku leer
-
Pygmalion, Berlin Clickbait
-
Die Möwe, Berlin Einspringerin Ursina Lardi
-
Hamlet, Bochum Zum Niederknien
(...)
Möglich, dass Sie da nicht ganz Unrecht haben. Aber ist das in Anbetracht der aktuellen Ereignisse nicht sehr nebensächlich? Ich persönlich finde das Gorki-Statement gelungen, weil es anerkennt, dass unsere Bemühungen als KünstlerInnen im Angesicht eines Krieges erst einmal sinn- und zwecklos erscheinen und ein Schock im Übrigen auch erst einmal verarbeitet werden will bzw. überhaupt erst einmal bei einem ankommen muss. Dass man diesen Schock nutzt, um in sich zu gehen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und nicht gleich wieder irgendwelche Statements in den Äther zu blasen, finde ich als Reaktion jedenfalls nicht falsch. Dass wir am Theater eh alles besser wissen und die ganze Welt mit unseren „Überzeugungen“ beglücken müssen, ist ohnehin ein fataler Irrglaube.
Geben wir doch Menschen die Chance nachzudenken, zu zweifeln, verunsichert zu sein.
Der weinerliche Grundton tut sein Übriges.
Es gibt viele Gründe, das Stück jetzt anzusetzen, darüber zu sprechen, all das wäre besser, als dieses Statement.