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Pro Quote Hamburg kritisiert Thalia Theater Hamburg
26. April 2024. Der Vorstand von Pro Quote Bühne hat nach der Präsentation der Spielzeit 2024/25 den Spielplan und die Politik des Theater Theaters Hamburg unter der Leitung von Joachim Lux kritisiert. Der scheidende Intendant habe es "geschafft" in seiner letzten Spielzeit (2024/2025) an dem Haus und überhaupt nur eine einzige Frau* in der Regieposition zu besetzen. "Sowohl im Thalia, als auch an der Gaußstraße, wie auch bei den Wiederaufnahmen ist nur eine Regisseurin* zu finden: Jette Steckel", heißt es in der Pressemitteilung. "Bei der Autorenschaft sieht es betreffend Geschlechtergerechtigkeit genau so schlecht aus, nur dass bei den Wiederaufnahmen gar kein Text einer weiblichen* Autorin enthalten ist".
Pro Quote ruft desweiteren dazu auf, das Thalia Theater Hamburg bis zum Spielzeitende im Sommer 2025 zu boykottieren, "vor allem an den Premieren!", heißt es in der Pressemitteilung.
Joachim Lux hat den Spielplan im Interview im DLF Fazit Kultur vom Tage (24.4.2024) mit historischen Gründen verteidigt. Die Spielzeit sei seine sechzehnte und letzte, in der Arbeitspartner der frühen Jahre eingeladen habe, ein Wunsch von ihm und von dem Ensemble, um diese Arbeit nochmal kenntlich zu machen und zu runden. "Das waren unglückseliger Weise alles Männer." Nicolas Stemann und Antú Romero Nunes werden je zwei Abend inszenieren. Jette Steckel ist als einzige Frau mit drei Inszenierungen beauftragt. Das sei aber kein typisches Bild für die Arbeit der letzten Jahre, so Lux, sondern ein Zerrbild.
Pro Quote schreibt in dem Aufruf, dass es um etwas Grundätzliches gehe. Der vielbeschworene Wandel lasse auf sich warten. Aber "Veränderung brauche Zeit", so Lux. Es sei falsch, dass sich die Theater nicht verändern würden. Aber wenn man alles in einen Topf werfe, wie in den Vorwürfen passiere, sei das problematisch. Ob im Thalia Theater Hamburg offen über die Vorwürfe diskutiert wurde, könne Lux nicht sagen. Bei ihm sei nichts angekommen. Auch sei kein Gespräch mit ihm gesucht worden. "Wir sind nicht weit genug. Da muss noch was passieren (...). Aber einfach nur einen Boykottaufruf in die Welt zu schicken, fällt nach meinem Dafürhalten auf die zurück, die ihn auslösen."
(www.proquote-buehne.de / www.deutschlandfunkkultur.de / sik)
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Vielleicht sollte sich Herr Lux einmal überlegen, welch ein Zeichen diese Spielzeit für Künstlerinnen ist!
Wir reden hier nicht davon, Linienflüge zum Mars anzubieten, sondern darum, dass 51 Prozent der Bevölkerung in einem der größten Theater Deutschlands repräsentiert werden. Wie viel Zeit soll's denn noch sein?
Und es spielt eben eine Rolle welches Geschlecht eine Regie hat, weil in fast allen Theatern mehr Männer inszenieren (gerade auf den großen Spielstätten) und das nichts mit Qualität sondern eben mit dem Vorteil ihres Geschlechts zu tun hat.
Und das hat nichts mit ‚nicht aushalten‘ zu tun, sondern vielmehr mit berechtigter Kritik gegenüber einem Haus, welche wiedereinmal ein Strukturproblem unterstützt, anstatt es zu sehen und anzuerkennen.
(Anm. Redaktion: Eine persönliche Unterstellung ist aus diesem Beitrag gemäß dem Kommentarkodex entfernt worden.)
Das kann dann Sonja Anders übernehmen: "die macht das ganz toll in Hannover!" – ich bin gespannt, was die Hamburger zu den kommenden Spielplänen sagen werden... Vergesst einfach nicht, dass es im Theater nicht nur um Regien geht, sondern ums Ensemble, um die Teams und um alle Mitarbeitenden. Regien sind oft überbewertet, vor allem in dem, was sie so können. Wir sind nämlich mittlerweile zum Glück weit weg von den Arbeitsweisen des guten deutschen Regietheaters, wo einzelne Personen massiven Einfluss hatten. Aber wenns euch Agitator:innen damit besser geht, wenn ihr um Einfluss ringt: Have fun! Es ist nur genauso altertümlich und fragwürdig, wie der vermeintliche Wunsch des alten weissen Mannes nach Macht an etablierten Institutionen.
Ich empfehle Ihnen zur Korrektur dieser leichtfertigen Meinung eine dreijährige Regieassistenz an einem großen deutschen Theater.
Und gerade das Thalia Theater hat in der aktuellen Intendanz Diversität und Mitbestimmung und viel Relevantes mehr vorangetrieben. Darf frau und man auch mal einen Fehler machen? Vielleicht war es nicht diplomatisch, dass diese letzte Saison einer langen und erfolgreichen Zeit ohne Geschlechterparität in den Regiepositionen zu Ende geht, aber vielleicht darf ein Intendant am Schluss auch langjährige Arbeitsbeziehungen zur Abrundung bringen - nachdem viele Jahre an größerer Gerechtigkeit in der internationalen Verteilung und Diversität an allen Positionen (auf und hinter der Bühne) gearbeitet wurde? Darf das auch im Bewusstsein um den Wandel der Strukturen, der sich bereits vollzieht, trotzdem mit Respekt für die Arbeit der Theaterschaffenden zum Abschluss kommen?
Wie @Sam schon schrieb: Diversität und Inklusion geht doch über alle Berufe hinweg. Genau das hat Thalia Intendant Lux oft gesehen und auch umgesetzt, da wäre er doch der erste, der das weiterhin einfordert.
Und die meisten Regiepersonen, Dramaturg:innen und wahrscheinlich auch Intendant*innen haben doch gar keine Lust mehr auf diese kräftezehrende Verantwortung, bei der alles auf den Schultern einzelner Personen abgeladen wird. Städte wollen oft noch einzelne Verantwortliche. Während wir längst partizipativ und im Team, mit flachen oder keinen Hierarchien, miteinander Spielpläne, Programme, Stücke, Performances und Abende entwickeln.
Manchmal braucht es Quoten, um Realitäten zu verändern. Aber können wir dabei auch menschlich im Umgang und in der Auseinandersetzung bleiben und vielleicht in der Differenzierung zwischen Gender, Nation, Inklusion auch noch Generation mitdenken? Vielleicht hat eine andere Generation Theaterschaffender auch verdient, dass nicht nur die Fehler, sondern ebenfalls die Verdienste betrachtet werden. Und der Abschluss einer langen Zeit auch gewürdigt und gefeiert werden darf, bevor dann etwas Neues beginnt?
Zudem nutzen Häuser (oder besser gesagt Leitungen) die Regie als Aushängeschild und gerade da die Realität des Verhältnis von Künstler*innen nicht widerzuspiegeln ist für mich vergleichbar einer Aussage.
Ich bin ganz ihrer Meinung, dass diverse Autor*innen viel zu selten vertreten sind in viel zu geringer Zahl, auch am Thalia, wie auch leider an den meisten Bühnen….
Ich finde auch, dass man als kompetente Leitung, die Gleichberechtigung ernst nimmt, in allen Abteilungen darauf achtet, dass die Realität vertreten ist.
Dennoch ist es immer noch so, wenn es um Macht geht, dass die Intendanz die Regie beauftragt und diese meist entscheiden kann wer mitspielt und wer nicht, sowie wie die Probezeiten sind etc. , somit sehe ich Schwierigkeiten darin wenn man diese Machtpositionen nur (Jette Steckel ausgeschlossen) mit Männern besetzt.
Zudem sind es gerade die mächtigsten Positionen die immernoch mit erheblich mehr Männern als Frauen besetzt sind und das sind meist Intendanz und Regie (die dann übrigens oft auch zusammen und mit der Dramaturgie das Stück und damit die Autor*in auswählen)
Ich glaube das Missverständnis ist, dass sie denken, dass ich die Regieposition als ‚wichtiger‘ betrachte.
Natürlich sind die Autor*innen, das Regieteam (mit Bühne/Kostüm/Musik, an dem Wort Regieteam sieht man übrigens auch eine Machtposition ;) ) , das Ensemble und die Dramaturgie (sowie die Abteilungen Licht, Requisite, Technik, Presse, Maske, ankleider*innen usw.) letztendlich das entscheidende Gefüge für den gelungenen Abend.
Und mal so nebenbei Weimar ist keine Ausnahme ! Diese Entscheidung hat eine lange Tradition die entgegen des entstehenden Bewusstseins weiterleben darf. Das ist das Problem daran.
Ich würde auch wirklich gerne wissen, auf welche Studie sie sich berufen (zum Thema der Dramaturgie und Verlagswesen) oder ob die Gedanken zur Dramaturgie eher ein Empfinden oder These ihrerseits sind ?
Dazu sei auch gesagt, dass die Intendanz, Geschäftsführung, und Regie wohl noch immer mit einer größeren Macht und meist auch mit einem hörenden Verdienst einhergehen, als die (natürlich nicht wegzudenkende, essenzielle und oftmals rettende) Dramaturgie. Und in diesen Positionen haben wir immernoch eine Benachteiligung von Frauen. Von Autor*innen nichtmal angefangen…..
Da finde ich es wenig bemerkenswert, dass ja wirklich ‚so viel gemacht wird‘ und es ‚auf weg ist‘, da man einfach umsetzen könnte, ja wenn man denn wollte !
Und dass nach ihren empfinden viele
Männer die Dramaturgie verlassen, ist ja ein weiterer Punkt. Männer können die Entscheidung wenigstens treffen, ob sie in der Dramaturgie arbeiten wollen, Frauen werden aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, was Engagaments als Regie, Intendanzen angeht.
Ihr Text liest sich ein bisschen als wollten sie zum Ausdruck bringen, die Frauen ‚hätten ja schon in der Dramaturgie große Vetretung, dann sollen diese bitte still sein’ ? hoffentlich irre ich mich ?
Denn widerspreche ich ihnen nicht, dass das Programm des Thalias ein Blick in die Vergangenheit ist, aber ich gehe noch weiter und empfinde es als eine Reproduzierung und Manifestierung dieser Vergangheit in der Gegenwart, eine Feier, die auf der Benachteiligung von Künstler*innen aufgebaut ist !