Presseschau vom 13. August 2017 – Darja Stocker schreibt im Merkur Blog über Sexismus während ihrer Zeit als Studentin am Studiengang Szenisches Schreiben der Berliner UdK
"Und was hat das mit Sexismus zu tun?"
"Und was hat das mit Sexismus zu tun?"
13. August 2017. Die Online-Ausgabe des Merkur widmet sich in den letzten Wochen dem Thema Sexismus an Hochschulen. Einer der Texte stammt von der Dramatikerin Darja Stocker, die ab 2006 an der Berliner UdK Szenisches Schreiben studierte und von erschütternden Erfahrungen während der Zeit und auch danach an Theatern berichtet.
"Nach der bestandenen Aufnahme-Prüfung in Berlin war ich eingeladen zur Abschlussparty des vorherigen Jahrgangs, die Luft des Studiums zu schnuppern", schreibt Darja Stocker im Merkur-Blog. Der jüngere der beiden zukünftigen Professoren hing zwischen Schauspielschülerinnen an der Bar. "In dem Moment, in dem ich zu ihm herübersah, machte er eine schildkrötenhafte Kopfbewegung und begann mit einer der Schauspielschülerinnen zu knutschen." Stocker schreibt, dass sie die Szene ignorierte, sich damit erstmal nicht beschäftigen wollte. Auch weil er den Ruf hatte, ein guter Dramaturgie-Prof zu sein "und deswegen war ich hier".
Bei den Witzen im Seminar lachte sie anfangs noch mit. "Bis ich merke, dass es nicht gern gesehen wird, wenn man selbst entscheidet, was ein Witz ist und was ernst." Nach dem ersten Kennenlernen in den Text-Besprechungs-Seminaren dann: "Leute, die beleidigt werden. Diskussionen, die aus dem Ruder laufen. Brüllen. Fertigmachen. Rhetorische Fragen stellen, eine genüssliche, stupide Stille entstehen lassen. Dann das Verstummen tadeln."
"Angefahren werden die Unsichersten, die noch nichts im CV haben. Die offen sind und sagen, dass sie eine schwierige Familie oder Depressionen haben." Auch junge Männer, "zwei davon verlassen die Uni im ersten Jahr. Einer bleibt und leidet an starken Depressionen." Die Klasse zählt irgendwann nur noch 4 Personen.
"Da ich bereits am Theater arbeitete und es während des Studiums weiterhin tue, fühle mich privilegiert und daher nicht angreifbar und denke, ich müsse diese Rolle spielen, für die anderen, die noch nichts haben, kein Stück, keinen Verlag, keinen Preis. Wenn jemand den Mund aufmachen muss, dann ich. Dem monarchischen Gehabe der Profs, ihren rhetorischen Fragen, ihrer Bestätigungssucht, stelle ich eine kalte Arroganz entgegen. Oder Fleiß. Niemand soll mir vorwerfen, ich wolle nicht studieren! (Dies wird uns ständig vorgeworfen.)“ Dieser kleine Kampf sei jedoch nicht nur den Professoren ein Dorn im Auge gewesen, sondern auch den Fans und Komplizen der Professoren. "Ich wirke arrogant. Es bilden sich Fronten."
Dass einer der Professoren Verhältnisse zu Studentinnen hatte, bestätigt sich Jahre später. Die vermuteten Verhältnisse und Knutschereien sind zuvor nichts Handfestes, was man bemängeln könnte, erinnert sich Stocker. "Außerdem sind nicht wir selbst betroffen, meines Erachtens hat mich keiner der Dozenten je angemacht. Also gehen wir nicht zur Frauenbeauftragten. Stattdessen schreiben wir in unserem Brief Dinge wie 'entmutigt und behindert statt ermutigt und gefördert zu werden.' 'Leute eingeschüchtert, hierarchisiert, abhängig gemacht.' (...) Am Ende klingt alles für Außenstehende schwer nachvollziehbar. Und genau das ist das Problem."
Als Reaktion höre ihnen der Präsident der Universität zwar aufmerksam zu. Doch er ist nicht zuständig und leitet alles dem Dekan weiter, "der uns erklärt, dass wir eben die berlinerische Art der beiden Herren nicht verstünden." Und der Dekan vertröste damit, dass "die Jungs" bald pensioniert seien. "Er stellt uns, die Aufmüpfigen, die Sensiblen, für zwei Jahre von der Universität frei, bis die neue Leitung komme. Wir müssen warten, bis die Vergangenheit endlich zu Ende sei, wir seien nun mal irgendwie zu früh eingetroffen, vor unserer Zeit sozusagen, das passe jetzt so halt nicht mehr zusammen."
Ihr Zwischen-Fazit: "Lange dachte ich, eine solche personenzentrierte Archaik, wie ich sie erlebte, sei heute dann doch eine Ausnahme. Ob das stimmt, weiß ich nicht, ich habe dazu nur eine einzige, erzwungene Feldforschung gemacht. Die subtileren Formen von Diskriminierung, wie sie in vielen Texten von Kolleg_Innen beschrieben werden, ist jedoch mindestens genauso reich an Konsequenzen."
In den letzten beiden Jahren des Studiums habe es dann noch eine Ahnung von Auswirkungen versteckterer Machtverhältnisse gegeben, schreibt Stocker weiter. Und: "Die Debatte um Rollenmuster und Sexismus am Theater, in der Literatur, an Schreibschulen kann meiner Meinung nach nicht geführt werden, ohne Parallelen zu ziehen zu weiteren Kämpfen über die Sektionen hinweg. Ohne dass die Debatte ihren Schwung durch das ständige Mitnennen anderen Anliegen verliert, glaube ich, dass das System der Männerbünde und -förderungen weitreichende Konsequenzen im gesamten Kulturbetrieb hat."
Als Vision für die Theater schlägt Stocker vor, das Wort Freiheit nochmals neu zu denken. "Gemeinsam Räume schaffen, in denen ein Austausch möglich und von denen her nach außen kommuniziert werden kann. Mittels Texten, Stücken, Manifesten. Die Suche nach einer mehrstimmigen, mitbestimmenden Sprache. Eine Sprache, die sich nicht hinter Geschichten über 'die Anderen' versteckt, sondern von sich und uns selbst, von den Verhältnissen im Hier und Jetzt berichtet, die Widersprüche sichtbar macht und Machtverhältnissen eine Absage erteilt. Eine Sprache, die Alternativen, Utopien kreiert."
(sik)
Zum Thema: Die Dramatikerin Anne Rabe hat zusammen mit Darja Stocker studiert und weist Stockers Vorwürfe gegen das Institut entschieden zurück. Zur Entgegnung.
Auch Oliver Bukowski, Professor im Studiengang in der von Darja Stocker reflektierten Zeit, wehrt sich gegen die Anschuldigungen.
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Sprache versteckt sich auch dann nicht, wenn in ihr von jemandem Geschichten über Andere erzählt werden. Sie bezeugt dann, dass jemand hinter die Geschichten, die er erzählt, zurücktreten will. Wenn er gut mit ihr umgeht, gelingt ihm das.
Manchmal versteckt sich jemand hinter Sprache in Manifesten. Meist, weil er entweder zu viel oder zu wenig von anderen weiß, die er bezeugen könnte.
Manchmal versteckt sich jemand hinter der Sprache über die Sprache. Meist, weil er zu viel oder zu wenig über sich selbst weiß.
Zu knutschenden Profs gehören mitknutschende StudentInnen, zu Verhältnissen mindestens Zwei.
Zu Kunsthochschulen, deren Leiter das als Normalität dulden, gehören StudentInnen, die denken, ohne beurkundeten Kunsthochschul-Abschluss, keine Kunst machen und davon leben zu können.
Zu StudentInnen, die so etwas denken, gehört ein Kunstbetrieb, der k e i n e Wertmaßstäbe als bürokratische für Kunst hat.
Zu einem Kunstbetrieb, der keinen anderen Wertmaßstab für Kunst hat, gehört ein Staat, der diesen Maßstab von einem Kunstbetrieb erzwingt.
Ein Staat der das tut, ist keine Demokratie.
Interessieren würde mich, wieso der Artikel erst 11 Jahre nach dem Beginn des Studiums (und vermutlich ca. 6 Jahre nach bestandenem Abschluss?) erscheint?
(...)
Ich muss gestehen, den ersten Kommentar verstehe ich nicht, aber das muss vielleicht auch nicht sein!
Insofern ist das nach so vielen Jahren Studium einfach den eigenen, thematisierten Sachverhalt betreffend schon nicht zutreffend formuliert. Und redaktionell schlecht bearbeitet. Wollte sagen: Bevor man sich über sich über knutschende Professoren und Studierende ö f f e n t l i c h beklagt und das zweifelsfrei Sexismus nennt, sollte man als preisgekrönte/r AutorIn eventuell auch seine eigenen, rein fachbezogenen Sätze auf sprachtheoretisch sachliche Richtigkeit prüfen.
Ihre Frage finde ich aber ebenfalls überaus interessant und eventuell, was echten Sexismus im Literaturbetrieb angeht, ergiebiger zu beantworten als meinen Spontankommentar verstehen zu wollen.
Lieber Ekkehard Knörer,
herzlichen Dank, dass Sie sich gemeldet haben. Wir haben den Fehler korrigiert.
Herzlich
miwo/Redaktion
nach Lektüre des Beitrages von Darja Stocker scheint mir der Überbegriff "Sexismus-Dossier" für diesen Beitrag unpassend.
Der Text ist voller Behauptungen über Dritte - Mitstudent/Innen und Professoren. die der MERKUR offensichtlich ungeprüft übernimmt.
Wenn das "Dossier" dazu dient einen Pranger auszustellen, um ein paar Klicks zu generieren läuft die gewünschte und notwendige Diskussion ion die falsche Richtung. darja Stocker entwickelt ihr allgemeines Gedankengebäude ja grade auf für dritte nicht prüfbaren behauptungen über ihre Kommilitonen und ihre Professoren. Von Frau Rabe erfahren wir nun mehr oder weniger das Gegenteil, was gleichfalls unüberprüfbar bleibt.
Doe Auseinandersetzung zeigt: Einen Internetpranger aufzustellen ist in 99 % aller Fälle falsch. Es bleibt das mulmige Gefühl, daß es an der UDK beim Szenischen Schreiben irgendwie sexistisch zugeht, einzig aufgrund der Behauptungen einer ehenamligen Studentin, die der MERKUR nicht prüft.
Nach welcher Massgabe? Believe the victim?
Die Bemrkung von be-schreiben ist eigentümlich - "nur ein kleiner Kreis" von Leuten weiß überhaupt um wen es da geht. Das ist genau die Art von Privatjustiz, die sich aus dem System auskoppelt, ohne ein eigenes zu besitzen. Ab welcher "Kreisgrösse" geht den die Selbstermächtigung andere öffentlich anzuschärzen los - bzw. wann hört die auf?
Ich stelle erstmal nicht in Frage, daß Darja Stocker das aus ihrer Sicht so erlebt hat, genau so wenig, wie ich die Anmerkungen zu denselben Vorgängen von Frau rabe in Frage stelle.
Ganz einfach weil man als "Nichtdabeigewesener" keinem der beiden prima facie "Lügen" unterstellen sollte. Aber die Halbwertzeit bei Vorwürfen dieser Art ist ein Menschenleben.
In meinen Auigen liegt der Fehler hier beim MERKUR, den text überhaupt in dieser ungeprüften Form veröffentlicht zu haben - wo wäre das Problem gewesen, die angesprochenen Personen zu den behaupteten Sachverhalten zu befragen? Audiatur altera pars, und so.
Wieso sollte ich ein Anliegen unterstützen, wenn es die Mittel derjenigen kopiert, die in allen Gesellschaften das Leben ihrer Mitmenschen zerstören wollten. Hoffentlich leben wir nicht wieder in einer Gesellschaft, in der eine solche Anschuldigung zur anschließenden Hetzjagd führt.
Wieso sich der Merkur auf ein solches Niveau eingelassen hat, lässt jedoch einiges befürchten. War das nicht die brillante Zeitschrift von K-H. Bohrer, und nun ein Revolverblättchen mit BILD-Methoden?
sagen Sie, gibt es denn in ihrer Reihe auch Texte von Männern, die ähnlich spekulativ über weiblichen Sexismus im Kulturbereich berichten? Das wäre doch, nach diesem Text, der nur so von Vorurteilen wimmelt, angebracht. - Zufälligerweise gehöre ich zu der gar nicht so kleinen Gruppe, wie sie meinen, der weiß von wem die Rede ist, und eine männliche Gegendarstellung, ebenso frei und unbelegt wäre doch angemessen, oder etwa nicht?!
Anfangs dachte ich, das ist ne Ente. Ein abstruser Einakter im Sommerloch. Nach wie vor bin ich baff. Ich war auch Studierende im Szenischen Schreiben, zwar nicht im selben Jahrgang wie Rabe und Stocker, schon davor, aber mir ist klar, von wem hier die Rede ist.
Ich war bei meiner Aufnahmeprüfung 17 und auch mir saßen zwei ältere Herren gegenüber. Jedenfalls aus meiner Sicht. Den Prof gab es schon, den anderen noch nicht. Aber dieser war schon als Gastdozent ab und zu tätig. Ich hatte noch keinen Preis vorzuweisen, war auch kein privilegiertes Etwas. Man muss nicht privilegiert sein um „Szenisches Schreiben“ zu studieren. Man muss einfach die Prüfung machen. Ich hatte also einfach die Vorprüfung gemacht und wurde zur Aufnahmeprüfung geladen. Natürlich wurde ich angeschaut dabei. Und natürlich wurde auch geschaut, wie ich auf Fragen oder Provokationen reagiere. Ziel war wohl, zu sehen, erstens: ob ich die eingereichten Texte wirklich selbst verfasst hatte und zweitens: ob ich trotz meiner jungen Jahre schon tauglich für diesen Studiengang bin, der ja vorwiegend aus Kritik und Selbstzweifel, Meinungsverschiedenheiten und Durchhaltekraft besteht.
Stocker schreibt von einer „rauchdurchtränkten“ Party. Oh mein Gott, denke ich. Vielleicht war sogar ich selbst schuld daran. Ich rauchte damals schon gut und gerne und erst recht auf Partys. Ob ich bei der besagten Party dabei war, weiß ich jetzt nicht mehr. Aber das jetzt hier hinzustellen, wie eine Bordellszenerie, finde ich schon sehr amüsant. Anrüchig ist echt was anderes. Wir waren einfach mehr oder weniger egozentrische Studenten, die „Schreiben“ studierten und manche rauchten eben. Bei ner Party eben auch in den Seminarräumen und nicht nur aufm Flur. Es gab sogar was Alkoholisches zu trinken. Manometer!
Und was das Knutschen angeht. Nun ja. Ich meine, da war niemand zwölf, alle sind volljährig gewesen. Und wenn nun einer knutscht, knutscht er oder sie eben. Und ich sage euch mal was. Auch ich habe geknutscht! Nicht unbedingt in aller Öffentlichkeit und auch nicht diesen besagten Gastprofessor, den Stocker beschreibt. Bei mir war es ein Gastdozent. Ich war 20 oder 21 und ich habe mit einem unserer vielen Gastdozenten geknutscht. Jawoll! So. Jetzt ist es raus. Ist das jetzt schon sexistisch? Irgendwie erniedrigend für mich gewesen? Außerhalb der Uniräume, im großen, weiten Berlin. Nein verdammt! Totaler Unfug. Ich wollte es und er wollte es und ich sah und sehe da überhaupt kein Problem. Es hat mir keine Vorteile gebracht, zu knutschen. Auch keine Nachteile. Ich war halt jung und in Berlin und habe studiert. Da passiert so ein Knutschen. Warum nicht?
Natürlich sind die vier Jahre nicht leicht zu überstehen. Und danach ist nicht jeder ein Autor geworden. Auch in unserem Jahrgang nicht. Auch bei uns flogen Stühle durchs Zimmer, gab es Tränen, Intrigen, Affären, und wirklich auch ein paar positive Sachen, Freundschaften etc.… alles was Menschen, die vier Jahre zusammen hocken, so zustoßen kann.
Ich finde Stockers Beschreibungen mächtig unentspannt. Ich möchte es noch nicht als Hetze bezeichnen. Ich war bei ihren Erfahrungen ja nicht dabei. Aber mir scheint es so, als müsse sie es unbedingt in dieses Sexismusthema hinein schaffen. Ich frage mich, warum? Und warum hebt sie so hervor, dass die Studenten, die schon Preise erhielten oder schon im Theater tätig waren, anders tickten als die Studenten, deren Vitae noch unbeschrieben war? Das ist ja totaler Unfug! So als wenn die einen durchsehen und die anderen ein wenig zurückgeblieben sind. Denen man dann auch noch helfen muss, durchzublicken. Mir grauts.
Vielleicht gab es da Missgunst, wenn einer schon mal eine UA hatte oder einen Preis, aber bei uns im Jahrgang stand man da nicht über den anderen oder so, als die, die es schon geschafft hatten. Ich habe auch während der Studienzeit Preise erhalten. Meine Mitstudenten haben gratuliert und dann standen wir gemeinsam im Flur und haben eine geraucht. Wie immer.
Ich finde Anne Rabes Antwort war sehr wichtig. Danke Anne!
Darüberhinaus, wenn "schildkrötenhaft", "hängt knutschend an der Theke", "lallt" und viele andere Begriffe mehr, die sich nicht belegen können, ebenso wenig wie die patternden Bewegungen nicht prejudizierend sind, dann verstehen Sie ihr Handwerk nicht.
Da finden sich auch ein paar Darlegungen zum Thema von Paul Brodowsky, jetziger Stellvertretender Studiengangsleiter an der UdK und Absolvent der Uni Hildesheim, dem Ursprung der Sexismusdebatte. Zur neuen Debatte um die UdK wird er sicher kaum etwas beitragen können. Aber die wird vermutlich auch 10 Jahre zu spät geführt. Aber besser spät als nie. Ich sehe Darja Stockers Text auch eher als Hinweis auf generelle strukturelle Probleme, wie es sie an Universitäten immer noch gibt. Diese gilt es zu ändern, und nicht erst darauf zu warten, dass sich das Problem biologisch dadurch löst, dass die betreffenden Altkader in den Ruhestand gehen. Über den Wahrheitsgehalt der Texte kann man natürlich spekulieren. Vielleicht sind auch einige Formulierungen etwas zu literarisch geraten. Nun ja, die Frau hat szenisches Schreiben studiert. Was soll’s. Die Verfasserin aber in die Denunzianten-Ecke zu stellen, ist altbekanntes Mittel, um die Person und damit die Debatte zu diskreditieren. Voller Erfolg für Anne Rabe, Gastdozentin am Studiengang „Szenisches Schreiben“ der UdK. Fragt sich nur, was diejenigen davon haben, hier den „nützlichen Idioten“ zu spielen, auch wenn ihre eigene Wahrnehmung vielleicht eine andere war. Über weibliche Solidarität will ich gar nicht erst schreiben. Die Replik: „So war’s nicht“ ist aber nicht minder subjektiv. Und sie verhindert nur, dass eine allgemeine, längst fällige Debatte offen geführt werden kann, die man nicht den Kommentarspalten eines Internetportals überlassen sollte.
Für die Richtigstellungen auch von meiner Seite ein großer Dank an Anne Rabe.
Liebe Carolin,
fürs Protokoll: Frau Stocker hat ihren Text nicht im Merkur selbst publiziert, sondern im Blog des Magazins. Wir haben das selbst zunächst im Text falsch dargestellt (und inzwischen korrigiert).
miwo/Redaktion
Ich weiß durchaus, dass der Text von Darja Stocker ein Grenzfall ist -
sehr kleine Studiengänge führen nicht nur für Studierende zu Situationen der Alternativlosigkeit, sondern hier jetzt eben auch dazu, dass für Insider der eine oder andere wiedererkennbar sein könnte. Stocker macht aber kein Geheimnis daraus, dass sie in erster Linie ihre eigenen Wahrnehmungen schildert. Wenn die Autorin jemanden subjektiv als "schildkrötenhaft" schildert - was genau würden Sie sich da als Beleg vorstellen? Niemand muss diese Wahrnehmungen kritiklos hinnehmen, Sie finden sie ja zum Beispiel seltsam und fragwürdig. (Ich wiederhole nochmal: Falschbehauptungen sind eine andere Sache. Ich warte noch auf eine Antwort von Darja Stocker auf Anne Rabes Replik.)
Wenn Sie glaubhaft machen können, dass es an der Hochschule, von der Sie sprechen, strukturelle Gründe für Ihre Benachteiligung als Mann gibt, dann würden wir einen solchen Text durchaus veröffentlichen. Dass es auch Frauen gibt, die sich wie Arschlöcher benehmen, ist allerdings weder strittig noch hier der Punkt.
Mit wem reden Sie gerade? Ich hoffe nicht mit mir. Dem Hochschulalter bin ich seit langem entsprungen. Ich sprach über ein Hauptstadttheater mit europäischen Ruf.
"Wie schon eingangs angemerkt, liegt es mir fern, die geltungsbedürftige Verfasserin durch eine entsprechende Antwort auch nur einen Augenblick lang als Persönlichkeit, gar als Schriftstellerin ernstzunehmen. Ich biete Ihnen aber an, Ihnen eine kleine Broschüre zuzusenden, mit der wir 2009 eine Zwischenbilanz des Studiengangs gezogen haben. Sie enthält u.a. die Namen aller (50) AbsolventInnen und (80) Lehrenden. Sie könnten sich daraus x-beliebige Adressaten herausziehen, um diese selbst zum Studiengang sowie seiner Leitung zu befragen. Und danach vielleicht – das entspräche in meinen Augen journalistischem Ethos - einen kleinen Bericht verfassen, bei dem es sich meiner Überzeugung nach um eine simple Richtigstellung handeln müsste."
Mir erscheint bemerkenswert, dass Herr Knörer als einer der beiden Herausgeber seine offenkundige Affinität zu unbelegbaren Angriffen weitertreibt, indem er diesen meinen nichtöffentlichen Brief so charakterisiert, dass er für ihn "zu den schlimmsten Befürchtungen über die damalige Atmosphäre Anlass gibt". Selbst bzgl. dieser erneuten wohlfeilen Spekulation gilt weiterhin mein P.S.-Angebot.
Prof. Dr. Jürgen Hofmann
Wie Ekkehard Knörer schon mehrfach versuchte zu sagen: es geht doch um so viel mehr in dem Artikel und bei dem Wort Sexismus.
Was beschrieben wird ist eine systematische Assymetrie, die noch dazu androzentrisch geprägt ist.
Darja Stocker beschreibt sehr eingängig (und aus meiner Erfahrung als Student einer Kunsthochschule durchaus auch auf andere Hochschulen zutreffend) die Inhaltslosigkeit von Unterrichten, die nur durch einen patriarchal auftretenden Dozenten zusammengehalten werden, der über Einschüchterungstaktiken versucht, ernsthaftes Nachdenken, möglichst offene, vorurteilsfreie Begegnungen zu torpedieren. Kurzum, ein Narrativ des harten, bissigen, "am-Theater-ist-es-immer-noch-schlimmer-als-hier-schaff-das-erstmal", sich durchschlagenden Künstlers produziert. Ein wahrhaft männliche Erzählung, die immer noch zu wenig analysiert, immer noch zu wenig angegriffen wird.
Auf dieses Problem geht auch Anne Rabe nicht ein in ihrer Gegendarstellung. (es hilft zum Beispiel nicht darauf hinzuweisen, dass man sich das Studium durchaus als Bachelor anerkennen lassen kann, wenn doch das interessante Argument hinter dem nicht-Einzug von Kunsthochschulstudiengängen in das Bachelor-Master-System (das selbst wirklich vielerlei Probleme ausweist) war, dass sie sich damit der Kontrolle von vorher inhaltlich festgelegten Modulen entziehen und damit eine (männliche) Beurteilungswillkür aufrecht erhalten).
Zu den einfachsten Regeln eines Studienleiters gehört es übrigens, die Studierenden nicht öffentlich zu beleidigen, indem sie paternalistisch herablassend behandelt werden, zum Beispiel in der Zuschreibung "geltungsbedürftig". Das nur als Hinweis an Herrn Hofmann, dem diese einfachen Regeln nicht klar zu sein scheinen.
Meine Güte, Frau Stocker untersetzt ein wichtiges Anliegen mit recht unpassenden Wahrnehmungen, Frau Rabe macht dasselbe in einer andeen Farbe und viele andere ereifern sich im Sommerloch. Sexismus ist Realität und fühlt sich sehr viel weniger nach Wackelpudding an, wie die Argumente, die hier getauscht werden! Eine Diskussion darüber ist wichtig, überfällig vielleicht sogar! Um sie gewinnbringend zu führen, muss aber auch über Strukturen gesprochen werden. Das passiert bis jetzt nur zwischen den Zeilen. Vielleicht ist das dann ja Literatur, zur Debatte über strukturellen Sexismus (oder ist das dann Chauvinismus, Diskriminierung ...) trägt das nicht bei! Diese Art Argumente zu tauschen macht das wichtige Thema entsetzlich klein! Aufhören!
Dies möchte ich zu Bedenken geben: Frauen, die prominent über ihre diesbezüglichen Erfahrungen berichten, sei es Darja Stocker, oder international gesehen Rebecca Solnit, Chimamanda Ngozi Adichie etc.: was sie eint ist ein Bestreben Objektivität zu erfassen, die - seicht formuliert - Unfreundlichkeit, in ihrer Komplexität zu verstehen. Eine Gunst (ein Zeitaufwand) welche/r selten bis gar nicht erwidert wird.
Um was gehts denn? Um einen schon in sich absurden Orchideenfach-Luxusstudiengang von 8(!) Studierenden (!), die sich über eventuell knutschende "Professoren" (welcher Habilitationsstufe?) wegen Sexismus-Verdachts in höhere Empörungsrotation bringen - zehn Jahre nach den angeblich sexistischen Vorgängen. Und dann prügeln sich hier hochtrabend die Fraktionen, als würde das Wohl der Welt auf dem Spiel stehen - aus der Sicht von 8(!) Studenten.
Als ob es keine wichtigeren Fragen zur Welt gäbe.
U.a. dieser Kommentar zeigt eine problematische Reaktion auf die Schilderung einer Studentin über ihre Wahrnehmung von Machstrukturen (Sexismus und Rassismus eingeschlossen) an einer Kunsthochschulen. Ärgerlich ist, dass dadurch jegliche Debatte über Sexismus und Machtstrukturen im Keim erstickt wird. Wie kommt es, dass kaum jemand genauer nachfragt? Anstatt die Frage zu stellen, ob an der UDK die beschriebenen Strukturen bestanden bzw. wie es um Machstrukturen an Kunsthochschulen bestellt ist, werden Darja Stockers Beschreibungen einfach als Diffamierungen einer geltungsbedürftigen hysterischen Frau abgetan. Ihre Schilderung und Auseinandersetzung werden vereinfacht und aus dem Zusammenhang gerissen. Um ein Beispiel zu nennen: Es geht ihr nicht um eine allgemeine Anprangerung von sexuellen Verhältnissen zwischen Studentinnen und Professoren. Es geht um die Frage, ob diese Verhältnisse im Bildungsbereich ein Problem sein könnten. Ist es wirklich so fernliegend, bei einem überwiegend aus weiblichen Studentinnen bestehenden kleinen Studiengang, der ausschließlich von männlichen Professoren unterrichtet wird, deren Funktion auch darin besteht, die Arbeiten der Student*innen in Jurys zu bewerten und ihnen Kontakte in die Berufswelt zu verschaffen, nach bestehenden Machtstrukturen zu fragen und diese zu problematisieren? Ist es so abwegig bei einem solchen offensichtlichen Interessenkonflikt danach zu fragen, ob diese Verhältnisse zwischen Studentinnen und Professoren etwas mit Machtstrukturen und Sexismus zu tun haben könnten? Drängt sich diese Frage nicht auf?
Schade, dass Anne Rabe, die mittlerweile Gastdozentin an der UDK ist, sich mit ihrem Schreiben nicht mit diesen Themen auseinandersetzt und damit die eigentlich so kostbare und längst überfällige (von ihr geforderte) "ehrliche" Debatte abwürgt. Sie verkündet, sie habe damals keine Notwendigkeit gesehen, über Sexismus an der UDK zu sprechen, da es sinngemäß kein Problem mit Sexismus (und Machstrukturen) gab. Sie scheint diese Notwendigkeit auch heute nicht zu sehen. Solange der Eindruck vermittelt wird, an den Kunsthochschulen in Berlin gäbe es kein Problem mit Sexismus und Machtstrukturen, solange wird die Debatte nicht nur nicht "ehrlich", sondern gar nicht geführt. Mich würde interessieren, ob die Frauenbeauftragte der UDK die Einschätzung von Anne Rabe teilt.
Natürlich geht es hier nicht nur ums Knutschen oder Rauchen. Ist mir schon klar. Doch ich hätte nun schon gern konkrete Berichte! Von diesem angeblich eingesperrtem N. Von anderen "nichtprivilegierten Studierenden des "Szenischen Schreibens" die dasselbe wie Frau Stocker erlebt haben. Ich bin nach Stockers Auffassung auch nicht gerade privilegiert. Keine Ahnung, was das jetzt im Weiteren bedeuten soll. Während meiner Studienzeit habe ich nichts davon gemerkt. Wahrscheinlich hatte ich da nicht so den Durchblick. Ließ mich von den älteren Herren, die meine Profs waren, manipulieren oder so.
Also. Ich sage nicht, dass es diese Machtspielchen gibt, aber auf so eine Verleumdungssache habe ich einfach keine Lust. Ich kann das irgendwie auch nicht mit weiter anschauen. Auch Johanna Kaptein hat recht!
Bitte Berichte, von weiteren Studierenden des "Szenischen Schreibens"! die dasselbe erlebt haben. Ansonsten sehe ich das Ganze hier als puren Verleumdungsmist. Die absolut wichtige Debatte zu führen, dagegen sage ich nichts. Aber doch nicht auf den Rücken angeblich anonymisierter Personen!
merken sie eigentlich, wie irrational das ist, was sie dort schreiben. In einem Studiengang wurden mehrheitlich Frauen zugelassen von zwei männlichen Professoren. Haben sie die Frauen nur deshalb zugelassen, um dann später sexistische, männliche, strukturelle Gewalt über sie auszuüben? Oder taten sie es, um eine Frauenquote zu erfüllen? Schaut her, hier studieren sogar mehr Frauen als Männer? Folglich sind wir die „guten“ Männer. Oder taten sie es, weil die weiblichen Bewerber sie einfach überzeugten? - Wer unbefangen an eine solche Debatte geht, wird vermuten, dass die weiblichen Bewerberinnen einfach überzeugten. Hieß das nun, dass sie ihren Platz als männliche Professoren räumen mussten, da so viele Frauen logischerweise nur von Frauen unterrichtet werden können?!
Nein. Natürlich nicht. Ihre Auswahl war eine Anerkennung für diese weiblichen Bewerberinnen, und das spricht erst einmal für die beiden Professoren. Das im späteren Verlauf zwei männliche Mitstudenten gingen, einer, weil der Vater ihn zwang, ein anderer wegen psychischer Probleme, hat das Bild noch einmal verändert. Mal abgesehen, dass Stocker diese Abgänge nicht weiter problematisiert und einordnet, was aussage stark ist, bildet sich nun wohl eine Situation heraus, wo hauptsächlich nur noch weibliche Studierende in einem Jahrgang vorhanden waren. Das gerade ein solcher Jahrgang in eine Gruppenspaltung führte, eine Spaltung zwischen Frauen, die sich auch in dieser Debatte weiterhin spiegelt, ist mehr als interessant und sollte näher untersucht werden.
Das es in der Moderation dieser Spaltung, dieses Risses durch die Gruppe zu zugespitzten Einzelgesprächen in einem Büro der Professoren kam, ist nachvollziehbar und für eine Kunstakademie nichts Besonderes. Jeder Schauspielstudent wird ihnen von solchen Ereignissen berichten können. Darin ist a priori kein Beleg für strukturellen Sexismus zu entdecken.
Das Hofman hier im Forum seinen Unmut über Stocker zum Ausdruck bringt, ist eine klassische Schuldabwehr, ein Reflex. Er kann sich einfach nicht vorstellen zum Opfer einer jungen Frau zu werde, nur weil er damals über sechzig, weiß und ein Mann war. Da erscheint es ihm besser sie einfach nicht ernst zu nehmen. Das sollte er aber. Wenn er diese Hürde einmal nehmen würde, wahrscheinlich denkt er alles richtig gemacht zu haben, würde sich seine männliche Sicht, der „gute“ Mann gewesen zu sein, der weibliche Bewerberinnen mehrheitlich annimmt, lehrt und unterstützt, wahrscheinlich deutlich ändern.
(...)
Sie glauben doch wirklich nicht im Ernst, dass eine Person, die Strukturelle Gewalt erlebt hat, ev. traumarisiert und froh, die Zeit hinter sich zu haben, Lust hat, sich auf die, entschuldigen Sie, aber das ist mein jetziger Eindruck, latent aggressive Armee des Herrn Hofmann („"Wie schon eingangs angemerkt, liegt es mir fern, die geltungsbedürftige Verfasserin durch eine entsprechende Antwort auch nur einen Augenblick lang als Persönlichkeit, gar als Schriftstellerin ernstzunehmen.“) einzulassen? Es tut Betroffenen nämlich mehr weh als Ihnen, einen Kommentar hinzufläzen. Es kostet Betroffene mehr Mut als Sie, die sich, so scheint es mit Verlaub, eher persönlich als unterprevilgegiert dargestellt, beleidigt fühlen. Woher aus dem Text nehmen Sie diese Behauptung?
Danke Frau Stocker, für den Mut und den Versuch, nach einem Jahrzehnt Worte für das zu finden, was sich an etlichen (Kunst-) Hochschulen abspielt.
Und nein, es geht eben nicht um Zigaretten rauchen im Flur und Liebes-Affären mit Gast-Dozenten. Schade um den fehlenden Weitblick über die eigenen Zigarettenstummel.
"Genau genommen war es keine Prüfung, sondern ein seltsames Begutachten meiner Reaktionen."
Trifft diese Beschreibung nicht auch für viele Vorsprechen zu? Diese Doppelbödigkeit, bei welcher man das Gefühl hat, nicht in seinem Können, sondern in erster Linie als weiblicher Körper begutachtet zu werden?
Und dann zum Verhalten des Professoren:
"Ich vermute es wegen der Gesamtheit seiner Art, sich zu bewegen, zu reden, sich zu verhalten – ich denke über eine Choreographie seiner Mikrobewegungen nach als ein „Patterns of Behaviour“, (...) Man kann es kaum beschreiben, denke ich immer wieder, man kann es nur selbst fühlen und sehen."
Darja Stocker beschreibt ihre subjektive Erfahrung und sie erwähnt auch, wie schwierig diese Dinge zu beschreiben sind. Nun wird darüber gestritten, dass "es ganz anders war". Machtstrukturen fühlen sich sehr unterschiedlich an. Das heisst nicht, dass sie nicht existieren.
Sollten wir uns nicht in der subjektiven Art und Weise von Darja Stocker über diese unterschiedlichen Erfahrungen austauschen, die Perspektiven der Anderen zur Kenntnis nehmen, nicht aufeinander eindreschen, sondern ins Gespräch kommen?
Ja, die älteren Herren: Mehrmals fand ich auf meinem Gesicht zwei Intendantenhände - meist beim Abschied nach einem gelungenen Deal, "Hilfe jetzt küsst er mich gleich!" oder "Er muss mich grad mit seiner Tochter verwechseln!" schoss es mir durch den Kopf. Ich entschied mich für Letzteres, obwohl ich es nicht mit der mir eben anvertrauten Arbeit zusammen brachte.
Es ist an der Zeit, anzuerkennen, dass diese "Patterns of behaviour" nicht mehr zeitgemäss sind. Dafür müssen wir die Besserwisserei (zwischen Männern und Frauen, aber auch unter Frauen) hinter uns lassen, Missverständnisse klären, Strukturen aufdecken und zuhören, Herr Prof. Dr. Hofmann, um neues "behaviour" zu erlernen. Es ist an der Zeit!
Kann es sein, dass wir hier mittlerweile eigentlich eine Debatte führen über die Qualitätsunterschiede zwischen Medien, die sich im engeren Sinne mit Geisteswissenschaften beschäftigen, aber sich niemand traut, das auch so knallhart zu sagen bzw. zu schreiben?
Ich bin über Darja Stockers Ausführungen mehr als überrascht.
Ich kam an die UdK (zunächst noch HdK) mit nichts im "CV", keinerlei Preise oder irgendwas, ich hatte einfach von der Aufnahmeprüfung gelesen, mich getraut, mich beworben, und wurde genommen. Immer wieder hatte ich viele Fragen an mich selbst, an meine Texte und an etwaige Fähigkeiten überhaupt. Ich war also, in Frau Stockers Kategorisierung, nicht "privilegiert". Und dennoch:
Ich habe keinerlei übergriffiges Verhalten von Dozenten erlebt, keinerlei "monarchisches Gehabe". In meinen beiden Jahrgängen ist nach meiner Erinnerung niemand vorzeitig gegangen. Ich wurde nicht "angefahren", ich wurde nicht "eingeschüchtert". Ich wurde nie entmutigt.
Ganz im Gegenteil. Ermutigung. Immer wieder. Gute Textarbeit, kritisches Hinterfragen der besten Art und Weise, lebhaft, pragmatisch, nie fertigmachend von Seiten der Profs. Und wir Studierenden? Mal war die eine brilliant, mal der andere, und manchmal waren wir faul. Der einen gefiel dieses Seminar besser, dem anderen jenes.
Tolle Menschen kennengelernt, mit so mancher und machem immer noch in Kontakt. Viele Erfahrungen gemacht, von denen ich heute noch profitiere. Es war eine gute Zeit.
Mir geht es also wie Rebekka Kricheldorf: "Ich glaube, wir haben nicht denselben Studiengang besucht. Frau Stocker muss in einem alternativen Universum ein Alternativ-“Szenisches Schreiben“ mit alternativen Profs besucht haben."
Ich möchte bei all dem nüchtern bleiben, aber es fällt mir ein bisschen schwer. Natürlich kostet es etwaigen Betroffenen Mut, hier zu berichten. Aber ein Pseudonym bietet Schutz genug. Dennoch bleiben Berichte von erniedrigten Studenten/innen bisher hier aus. Warum? Alles Fragen, die man doch hier mal stellen kann.
Was ist denn wichtiger? Eine Sexismusdebatte zu führen oder Personen zu unterstützen, die dabei diffamiert werden? Ich habe mich für letzteres entschieden.
Es wäre wirklich klüger gewesen, wenn Sie als angegriffene und kritisierte Autoritätsperson die Vorwürfe und Anschuldigungen anders entgegnet hätten hätten.
@27: Richtig. Mit einem Gefühl unsäglichen Grauens und lovecraft'schem Entsetzens erinnere ich mich beispielsweise an ähnliche Stimmung, die bei dem "Forum junger Bühnenangehöriger" vorherrschte, das ich mal besuchen musste. Man war als junges Bühnentierchen gezwungen, in dem Kongresshotel zu übernachten, wenn man an dem Forum teilnehmen wollte. Sonst durfte man gar nicht teilnehmen (auch wenn man Freunde in Berlin hatte, es herrschte sozusagen Kongress-Hotel-Kuschel-Betriebsnudel-Zwang). An den Abenden herrschte genau diese Stimmung, dieses spiessige Anbiedern an die Professoren und Regisseure und leitenden Dramaturgen. Man erlebte da nur klamme bürgerliche männliche (und ja völlig unqueere!) Biedernis. Ha. Und das mitten im cool-smarten Berlin. Man kam sich vor wie in einem Kongresshotel in Ludwigsburg oder St.Gallen. Getanzt wurde jeweils erst nach dem siebten Gin Tonic. Und das zu ganz schlechter Musik (ich erinnere mich an 99Luftballons und solche pures Entsetzen auslösende Sachen). Ja, solch schwierig zu beschreibendes Uni-Theater-Schwulst-Grauen wie Stocker beschreibt, ja, genau habe ich auch erlebt in diesen spiessigen Ross-Stallungen des bürgerlichen Theater-Ausbildungs-Betriebs, diese hässlichen Teppiche und billigen Konzeptionen von Musen und Schöpfern. Und natürlich kenne ich ebenso die (letztlich viel relevanteren) Vorgänge: dieser Aneignungs-Grössenwahn der Dramaturgie, diese irrige Meinung dass eine gesellschaftliche Realität nur dann wirklich "real" wird, wenn eine leitende Dramaturgie den Recherche-Auftrag erteilt hat. Es lohnt sich die anderen Textstellen in ihrem Beitrag zu lesen, ihre harte und relevante Kritik an den Stückherstellungsmaschinen - das erinnert an die besten Texte/Branchen-Analysen von Marlene Streeruwitz. Ja. bei dieser Kritik von Stocker geht es um viel mehr. Wenn man ihren Text nur richtig lesen wollte, würde man das auch verstehen und über was ganz anderes debattieren.