Presseschau vom 26. August 2017 – Tobi Müller auf Deutschlandfunk-Kultur zur auf nachtkritik.de geführten Debatte über Sexismusvorwürfe an der Berliner UdK
Klischees mit wahrem Kern
Klischees mit wahrem Kern
26. August 2017. Für Deutschlandfunk Kultur analysiert Tobi Müller die Debatte über Sexismus im Studiengang Szenisches Schreiben der Universität der Künste Berlin, die durch einen Artikel von Darja Stocker im Blog des Merkur (hier unsere Zusammenfassung) ausgelöst wurde und mit Erwiderungen von Anne Rabe und Oliver Bukowski auf nachtkritik.de weiterging.
Müller konstatiert auf der einen Seite ein "Schreien und Brüllen", auf der anderen ein "ungeniertes Schwitzklima des 'Sei-doch-mal-nicht-so-kompliziert'"; dieses Debattenklima verweise "auf eine kulturelle Differenz, die in Deutschland seit der Wiedervereinigung zum Verdrängten gehört". "Der Osten, die DDR, kannte kein 1968", führt Müller aus. "Gleichzeitig hatte der antiautoritäre Teil der Studentenbewegung in Westdeutschland enormen Erfolg. Gerade in der Kindererziehung reichte der Arm von 68 bis in bildungsferne und nicht-linke Familien hinein. Es war in den Siebzigern plötzlich nicht mehr okay, ständig rumzuschreien zu Hause. An einem beliebigen See in Brandenburg werden Kinder noch heute rasch laut angegangen, während tätowierte Väter im Ruhrgebiet im Spaßbad zärtlicher mit der Brut umgehen."
Darja Stocker sei Schweizerin "und damit dem verweichlichten Westen zuzurechnen", Bukowski und Rabe "kommen beide aus dem harten Osten", so Müller: "Soweit die Klischees, die leider einen wahren Kern haben." Und schaut noch einmal zurück auf die alte Volksbühne, wo beide Perspektiven zusammengekommen seien: "Frank Castorf, Gott des ungläubigen Ostens, hat während 25 Jahren nie aufgehört, seine Frauen in Unterwäsche und hohen Hacken über die Bühne zu jagen. Das war Teil der deutsch-deutschen Psychohygiene." Die Volksbühne sei stolz gewesen auf ihre politische Unkorrektheit, "sie war alles, was der Westen nicht mehr sein durfte." Aber Christoph Marthaler und Schlingensief hätten ja an derselben Volksbühne ein völlig anderes Frauenbild gezeigt – "der Schweizer Marthaler stand in der 68er-Tradition, der Westler Schlingensief in jener von Joseph Beuys, dem antiautoritären Star der alten Bundesrepublik."
(sd)
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Schon die erste "Presseschau" war meines Erachtens ein leider journalistisch leicht fragwürdiges Unterfangen - denn ja, Sie haben ja nur aus einem anderswo erschienenen Beitrag zitiert, aber die Vorwürfe darin waren so vehement und potentiell rufschädigend, da hätten Sie (und die Kollegen vom Merkur!!!) meiner Meinung nach vor "Abdruck" proaktiv recherchieren und weitere Stimmen einholen müssen, bevor einer einzige Stimme so viel Raum eingeräumt wurde. Ehemalige Studierende dieses Studientgangs zu finden, ist nun wirklich nicht besonders schwer!
Wieso Sie nun erneut einen Beitrag zu dem Thema aufgreifen, ist mir also schleierhaft, ehrlich gesagt. Tobi Müllers Überlegungen sind generell intelektuell interessant, aber auf diesen konkreten Fall bezogen einfach am Thema vorbei.
Es haben sich neben Stocker inzwischen 5 weitere Ex Szenisches Schreiben Studentinnen auf nachtkritik zu Wort gemeldet. Ihre von Stocker so verschiedenen Eindrücke lassen sich nicht auf Herkunft aus "verweichlichtem Westen" oder "harten Osten" reduzieren. Auch das hätten Tobi Müller und Sie leicht recherchieren können. Ex "Szenisches Schreiben" Studentin Rebekka Kricheldorf ist z.B. gebürtige Freiburgerin. Wirklich Westen, ja. (und auch noch nah an der Schweiz)
Faziz: Es gibt hier kein West gegen Ost. Es geht hier nicht um "sei doch mal nicht so kompliziert". Es geht hier um sich massiv unterscheidende subjektive Eindrücke bezüglich eines Studienganges und eines dort gelehrt habenden Menschen.
Und stellen wir mal nüchtern fest: Derzeit sagen 5 ehemalige UdK-Studentinnen (aus Ost UND West, falls das wirklich so interessant ist), dass sie Darja Stockers Eindrücke und Charakteranalysen völlig überrascht haben und sie diese aus eigener Erfahrung überhaupt NICHT bestätigen können.
Ich würde hier schließlich trotzdem gern noch die Frage stellen, inwiefern diese Debatte eigentlich gesamtgesellschaftlich relevant ist. Verweichlichter Westen, harter Osten? Diese Kategorisierung ist doch wirklich an den Haaren herbeigezogen. Gerade die FKK-Bewegung war im Osten stärker. Und die hatte nichts mit hardcore, Porno, Künstlichkeit zu tun, sondern vielmehr etwas mit (natürlicher) Sinnlichkeit. Welche wiederum natürlich nicht allein der Frau zugeschrieben werden sollte, dann wär's wieder nur Klischee.
Das finde ich einen beachtlichen medialen Fortschritt in den deutschsprachigen Medien. Dieses öffentliche Bekenntnis dazu, dass es inzwischen eine riesenkrakenhft anmutende real existierende Verdrängung in dieser Hinscht gibt.
Nicht intellektuell hingegen, sondern vollkommen gegenteilig finde ich, dass Tobi Müller trotz dieser lange überfälligen Erkenntnis keinen Beitrag leistet, der eine differenzierte Bestandsaufnahme der verdrängten kulturellen Ost-West-deutschen Unterschiede anmahnt und anregt, sondern sich-was Sympathien anlangt, festgelegt hat und ansonsten auf die Schweiz herausredet, die dieses Problem wegen vermeintlicher Verweichlichung nicht hat. Sähe er genauer hin, müsste gerade ihm als Schweizer auffallen, dass die Schweiz dieses Problem ähnlich sogar mindestens 3fach hat! Nämlich nicht nur systemisch bedingt innerhalb der gleichen Landessprache, sondern systemisch politisch bedingt innerhalb dreier real existierender, kulturell determinierter Landessprachen. Und dass in der Schweiz dieses Problem noch länger verdrängt wurde und wird, als innerhalb der neueren gesamtdeutschen BRD-Wirklichkeit.
Das starke an der "FKK-Bewegung" war aus meiner Beobachtung und aus meinem Erleben heraus, dass es gar keine Bewegung im politisch aktionistischen Sinne wie in der Bundesrepublik war! Das eine u.a. Starke an der DDR-Kultur war, dass an den z.B.Brandenburgischen Badeseen spätestens seit Mitte der Siegziger Jahre Bekleidete und Unbekleidete sich mischten, wie und wo es ihnen gefiel. Wo der beste Sand war, wo die meiste Ruhe oder eben die meisten Spielkameraden für die Kinder waren, wo es das beste Futter gab und den besten Grillmaster ließ man sich genau so nieder, wie es einem persönlich für Badebetrieb am angenehmsten war - Ob der Kartoffelsalatverteiler oder die Sonnenhungrigen neben einem nun angezogen oder nackt waren, war da wirklich sekundär. Und zwar für die Angezogenen UND für die Nackten. Und wer das persönlich lieber ganz eindeutig mochte, der hat sich eben an die eindeutig nackten oder eindeutig bekleideten Ränder begeben und brauchte sich auch dafür nicht rechtfertigen vor niemands. So hat die rigide Eingrenzung auch eine unberechenbare Freiheit produziert. Weil sie ein alters-, geschlechts- und schichtübergreifendes Bewusstsein für begrenzte und gemeinsam zu nutzende Ressourcen geschaffen hat. Und genau DAS waren die DDR-68er. Sie haben sehr anders funktioniert als die der Bundesrepublik - aber sie existierten. Man kann sie aber im Spaßbad nicht entdecken. Und auch nicht entdecken, wenn man intellektuell immer nur auf der Suche nach "Bewegungen" ist, die einen öffentlichen politischen Aktionismus-Ruf genossen haben undoder genießen.
Und was sagen Sie zum (versteckten) Rollenbild von Politikern, die Erzieher in den Kitas seit Jahrzehnten schlecht bezahlen (trotz anhaltender Qualitätsdebatten, das ist das Paradox!), und das möglicherweise deswegen, weil in diesem Bereich bis heute prozentual mehr Frauen arbeiten? Geschieht das, weil hier ein Beruf im öffentlichen Dienst versteckt mit Rollenbildern verknüpft wird? Oder ist das gar nicht die Frage. Sondern geht es vielmehr darum, warum Angestellte in den sozialen und pflegerischen Berufen generell so schlecht bezahlt werden.
danke für den Beitrag. Die pure Wiederholung der "Vorwürfe" verstärkt diesselben. Die Beiträge des (mit) befassten Merkur Redakteurs im Kommentarthread sind erschreckend genug - seine Vorstellungen von Anonymität stammen aus der vordigitalen Zeit - das Argument der "Überlastung" (30 Artikel können nicht von drei Menschen geprüft werden - es fehle die Zeit) sind in diesem Zusammenhang wirklich lachhaft. Besser 5 Artikel die journalistisch abgesichert sind, als 30 für die man nicht so richtig Zeit hat. Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes bleibt der MERKUR, ob Blog oder website, "wir sind ja nur die Plattform" ist eine ganz schwache Position, gemahnt an facebook (Ach, Enthauptungen bei uns? Wir sind ja nur die Plattform).
@Tobi Müller
Das zwischen Ost und und West weiterhin mentale Unterschiede bestehen, schon klar - aber warum muss dann an einem Artikel aufgezogen werden, der nachweislich fragwürdig ist, soweit er konkreten Personen sexistisches Verhalten unterstellt. Wirkt auf mich als habe Müller einfach einen Anlass gesucht diesen interessanten Gedanken loszuwerden - und stützt ihn auf die Gerüchte von Frau Stocker die der Merkur willfährig verbreitet und durch sein Dossier als "Sexismus" - framed.
@nachtkritik
eine Debatte entzünden zu wollen aufgrund eines subjektiven Erlebnisberichtes, dem andere, die zur selben Zeit am selben Ort waren vehement wirdersprechen - das kann doch gar kein guter Boden für eine konstruktive Debatte sein - ich verstehe den Wunsch das Thema auf die Tagesordnung zu setzen - aber doch nicht so.
Wenn es Fakten gibt auf denen sich eine Deabtte organiseren lässt - klar.
Aber nur wiederholen, was andere so schreiben und selber den Frame "Sexismus-Debatte" drüberhängen ist pures FACEBOOK. Knackige Headline, und sonst copy-paste. Recherchiert doch selbst. Oder schliesst den Thread.
"Sexismus an der Universität der Künste". Diese Formulierung sagt sprachlich: Ist passiert, war so, Fakt.
Müsste es nach allem, was wir zu diesem Thema inzwischen auf nk gelesen haben, von anderen, die im gleichen Institut bei den gleichen Leuten studiert haben, nicht zumindest "Debatte über angeblichen Sexismus" beziehungsweise, ganz konkret "Debatte zu Darja Stockers Sexismusvorwürfen" heißen?
Die 68er-Bewegung war eine emanzipatorische Bewegung, d. h. sie bot auch rückständigen Männern (wie mir) an, diese Rückständigkeit hinter sich zu lassen. Inwieweit wir das Angebot anzunehmen vermochten - das zu beurteilen steht uns nicht zu. Ihnen erst recht nicht.
Demzufolge wären also die Haltungen von Anne Rabe, Katharina Schlender, Rebekka Kricheldorf, Anne-Kathrin Schulze und Léda Forgó allesamt „sexistisch“ motiviert und vielen unter die Kategorie „Sexismus unter Frauen“, wie sie Frau Stocker in ihrer neuesten Einlassung beim „Merkur“ beschreibt.
Ich gebe zu, es fällt mir schwer dem zu folgen, obwohl ich glaube, dass an Hochschulen und Theatern Formen des Sexismus in alle Richtungen vertreten sind. Ich glaube es nicht nur, ich weiß es und bekomme solche Geschichten ebenso erzählt oder habe sie selber erlebt, wie Frau Stocker. Was also läuft speziell falsch in dieser Debatte, wenn doch fast alle wissen, dass es um etwas geht das es tatsächlich gibt.
Zunächst aberkennt Frau Stocker als Protagonistin dieser Diskussion in diesem Themenbereich die Exsistenz der Fortschritte, die schon gemacht wurden. Sie versetzt uns zurück in eine Zeit, wo ausschließlich alte, cholerische Männer ihre Interessen gegen Frauen durchsetzen, sie verpflanzt uns sozusagen wieder in die Steinzeit des Feminismus. Das weckt Unmut auf allen Seiten. Nun geht sie sogar einen Schritt weiter und erklärt anerkannte Schriftsteller-Kolleginnen zu Handlangern eines Sexismus über den sie, Frau Stocker offensichtlich mit einigen Autorinnen des Merkur die alleinige Deutungshoheit besitzen möchte. Einer direkten Konfrontation, einem Gespräch mit Kolleginnen, die denselben Studiengang besuchten, weicht sie weitgehend aus. Zwei Wahrnehmungshorizonte in einem geteilten Himmel, die nicht wirklich mit einander streiten. Was für ein seltsamer und wenig vertrauensstiftender Vorgang.
Vielleicht ist es so, wie schon mehrfach angedeutet wurde, dass die Debatte nicht auf dem notwendigen hohem Niveau geführt, dass sie von gegenseitigen Vorhaltungen und Schuldzuweisungen dominiert wird. Ich für meinen Teil fühle mich auf jeden Fall in die Siebziger zurückversetzt, wo Männer wie Frauen öffentlich dazu genötigt wurden ihre Schuld an der Unterdrückung der Frau zu reflektieren. Aber die Zeit ist vorangeschritten. Wir haben eine Bundeskanzlerin, eine Verteidigungsministerin und eine lesbische Frau an der Spitze einer rechtsradikalen Partei. Frauen spielen in dieser Gesellschaft eine Rolle an den wesentlichen Schalthebeln der Macht und eine Debatte über Sexismus sollte uns nicht auf einen Zeitpunkt in der Geschichte zurückwerfen wollen, der schon überwunden wurde. Man muss diesen Fakt ebenso anerkennen, wie die Tatsache, dass auch Frauen sich gegen die Übergriffe eines Sexismusvorwurfes wehren und sich nicht von ihm vereinnahmen lassen wollen, ohne das man sie damit zugleich zu Vertreterinnen eines männlichen Sexismus herabwürdigt. Frau Stocker sollte schlicht und ergreifend beginnen ihre Kolleginnen ernst zu nehmen und Herr Müller ebenso.
das ist freundlich, wie sie meinen Kommentar aufgreifen, aber ich denke, ich grenze die Gruppe der Frauen, die Frau Stocker des Sexismus bezichtigt ganz gut ein, in dem ich ihre Kolleginnen beim Namen nenne. Auch erachte ich die etwas steile Arbeitsthese von Tobi Müller, dass Erwiderungen gegen Darja Stocker eine Fortsetzung des Sexismus seien, weiterhin für nicht haltbar. Und auch die Art wie Stocker jene Party beschreibt, klingt weiterhin für mich sehr stark nach schwarz/weiß.
Aber sie haben recht, Frau Merkel, Frau von der Leyen und andere sind noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. (Die „Befreiten“ gehen eben nach der Befreiung ihre eigenen Wege und pfeifen auf diejenigen, die meinten sie befreit zu haben.) Dennoch befinden wir uns nicht mehr in der historischen Phase, wo erst das Frauenwahlrecht erkämpft, der Abtreibungsparagraph und vieles mehr erstritten werden muss. All diese Kämpfe habe ich ja als Kind und junger Mensch noch miterlebt, sondern es gibt eine Rechtslage, die Gleichberechtigung zusichert. Die Frage der Umsetzung ist bei weitem nicht geklärt und mir persönlich ist sehr daran gelegen, weil damit auch meine eigene Position und Haltung, meine Interessen gestärkt werden. Vereinfacht gesagt, wenn ich Frauen als ebenbürtig betrachte, sind gesellschaftliche Umstände, die sie immer noch „klein halten“ wollen für mich hinderlich, denn sie fordern mich auf geschlechtsspezifische Rücksichten zu nehmen, die in einem Streit auf Augenhöhe dazu führen, dass ich meine Interessen wiederum zurücksetze und in die „Beschützerrolle“ zurückfallen könnte, eine Rolle, die mir so gar nicht behagt.
Auch fragen sie nach persönlichen Erfahrungen. Nun, es fällt mir nicht schwer zu erklären, dass das Verhalten von Peymann und Steckel in Bochum in den achtziger Jahren darauf ausgelegt war zu beeindrucken und einzuschüchtern, und das ihre Haltungen dazu geeignet waren junge Männer dazu aufzufordern es ihnen gleich zu tun, demnach also ein sexistisches Männerbild zu tradieren. Wer dies nicht tat, dem erwuchsen daraus als junger Mann berufliche Nachteile. Ich wurde zum Beispiel von Herrn Peymann als „zu lieb“ bewertet, um bei ihm in Wien zu assistieren, dabei ging es nicht um meine berufliche Befähigung,, die er nicht in Zweifel zog, sondern um mein Wesen. In seinen Augen hatte ich also verhaltenstechnisch „nachzurüsten“.
Erschreckender und tragischer Weise setzt sich diese Tradition immer noch in der heutigen jungen Generation fort, speziell im Ausbildungsbereich, wo noch einige Menschen, die in dieser Zeit geprägt wurden, lehren. Mein persönliches jüngstes Beispiel ist mein Sohn, der in Köln Filmregie studiert und bei mir nach Rat suchte, wie er in einem konkreten Fall mit einem Professor umgehen solle, der ähnliche Verhaltensweisen aufzeigt, wie sie Frau Stocker beschreibt. Das ist für mich sehr schmerzhaft, weil ich selber schon unter diesem Phänomen im Studiengang Regie an der Folkwanghochschule zu leiden hatte. Der Vorteil meines Sohnes besteht darin, dass er in mir einen Partner hat, der ihn unterstützt, seine künstlerische Arbeit wertschätzt und mit ihm daran arbeitet, wie er diese Tradierung überwinden kann, bzw. ihr erst gar nicht nachkommen sollte. Soviel zu einem Aspekt des Persönlichen. Das ganze Spektrum aufzufächern würde hier zu weit führen.
Herr Baucks, warum sprechen Sie ihr ab, das nicht schon zu tun? Wer nimmt Frau Stocker ernst?
Zu Tobi Müller komme ich später.
Schon die obige Aussage zeigt, wo das Problem eigentlich liegt. Nämlich im Relativieren, Verdrängen und Umdrehen des Tatbestands, dass Frau Stocker über ein Thema schreibt, das für viele unangenehm ist. Wie wir gelesen haben, gibt es dazu verschiedene Wahrnehmungsebenen und das unbestimmte Gefühl einer Ohnmacht gegenüber einem strukturell bedingten Machtgefälle zwischen der Ebene von Lehrenden und einer Gruppe von Studierenden verschiedenen Geschlechts. Das wird von Frau Stocker als sexistisch empfunden. Erklärt hat sie sich dazu meiner Meinung nach zur Genüge. Ihre zweite Einlassung geht da noch wesentlich tiefer. Die Erwiderungen darauf liegen zwischen einem „So war‘s nicht“ über ein „Hab dich nicht so“ bis zum direkten Vorwurf der Lüge. Bedeutet das zwangsläufig, dass die Aussagen von Frau Stocker falsch sind? Generell scheinbar nicht. Sie schreiben selbst, dass sie durchaus glauben, dass „an Hochschulen und Theatern Formen des Sexismus in alle Richtungen vertreten sind“. Im konkreten Fall wollen Sie Frau Stocker aber nicht zugestehen, sich zu äußern, ohne die andere Seite ernst zu nehmen. Was macht diese andere Seite so viel glaubwürdiger für Sie? Es geht hier ja nicht um eine Anschuldigung, strafrechtlich relevante Sachen getan zu haben, wie z.B. im bekannten Fall Kachelmann. Ich glaube aber, viele setzen diese Fälle schlicht und ergreifend gleich. Frau beschuldigt Mann. Wenn in der Gesellschaft allseits offener über strukturell bedingten Sexismus geredet würde, dann müssten sich die Betroffenen beider Seiten auch nicht mehr in dieser Form wie hier im Forum rechtfertigen.
Es vermischen sich hier verschiedene Ebenen der Wahrnehmung und der Deutung, was Sexismus eigentlich ist. Viele stehen da noch auf einer, sagen wir mal niedrigeren Stufe der Information. Es ist schlicht und ergreifend vieles noch gar nicht im allgemeinen Bewusstsein der Gesellschaft angekommen. Dass sich in Fragen der Wahrnehmung und Begrifflichkeit selbst der Feminismus nicht ganz einig ist, zeigt die aktuelle Feuilleton-Debatte zwischen Alice Schwarzer und Judith Butler über den Zusammenhang und die Unterschiede von Sexismus und Rassismus, Islam und Islamismus. Ich will da gar nicht ins Detail gehen. Nur soweit: Alice Schwarzer gibt in der Zeit als Reaktion auf die Angriffe von Judith Butler, rassistisch und islamophob zu sein zur Antwort: „Ich kann nicht voraussetzen, dass alle ZEIT-Leser mit den Gender-Theorien vertraut sind, denn die sind außerhalb des akademischen Milieus entweder unbekannt oder zur Karikatur verzerrt. Ersteres liegt auch daran, dass die Gender-Theorien sich einer lebensabgewandten, elitären Sprache bedienen - die Kritik an der Herrschaftssprache aus den sechziger Jahren scheint vergessen. Letzteres liegt daran, dass sie an den Grundfesten der Geschlechterordnung rütteln. Wir Feministinnen kennen das. Wir tun das ja schon länger.“ Soweit so gut, oder auch nicht. Was ich damit sagen will, wir befinden uns auch hier in einem elitären Bereich, dem der Hochschulen. Hatten wir nicht gerade auch eine Debatte zur elitären Parallelwelten in Großstädten? Das Problem liegt allerdings nicht in der englischen Sprache, sondern darin, überhaupt eine Sprache zu finden, in der selbst in gebildeten Kreisen eine Verständigung möglich ist. Selbst an den Hochschulen gehen die Meinungen da weit auseinander. Das hört nicht beim richtigen Gendern oder dem/der/das Professx auf. Wir dachten eigentlich, wir wären schon weiter, dabei sind wir noch nicht mal soweit. Es gibt schon des längeren feinere Erklärungen für strukturellen Sexismus, der auch in niederschwelliger Form immer noch Sexismus bedeutet.
Frau Stocker lügt, wenn sie behauptet, und diese Behauptung auch nicht revidiert, das Hoffman nie publiziert hätte. Das steht weiterhin im Raum. Das sie in der Debatte hauptsächlich auf das Alter der Männer, die Hautfarbe und den Charakter ihrer Bewegungen abhebt, nicht aber spezifisch auf die Lehrmethode weiter eingehen möchte, wie sie Herr Bukowski hier darlegte, macht sie fortgesetzt verdächtig, und ein Machtgefälle zwischen Lehrenden und Studierenden, wie sie es nennen, wird immer bestehen, auch wenn Professorinnen und Dozentinnen Studenten/innen gegenüber stehen. Das Geschlecht garantiert nicht dafür, dass jemand seine Macht nicht für seine Zwecke missbraucht und dies auch im Sinne eines Sexismus, denn zu recht bemerken Marie und Inga hier, dass eine alleinige Besetzung eines Kanzleramtes oder eines Verteidigungsministeriums durch ein Frau noch lange nicht dazu führt, dass sexistische Systeme abgebaut werden.
In meinem Kommentar unter #27 fehlt mehr als die Hälfte. Hat das einen inhaltlichen Grund, oder ist der Text nur so angekommen? So steht es leider etwas aus dem Zusammenhang gerissen da. Es war auch sicher nicht meine Absicht damit Herrn Baucks oder Tobi Müller zu nahe treten.
Herr Baucks, keiner grenzt Ihre Meinung aus. Sie können sie hier ja frei äußern. Nur warum sollte Frau Stocker mit denen in Verbindung treten, von denen sie einhellig als Lügnerin dargestellt wird, oder von denen behauptet wird, sie lebe in einem Paralleluniversum. Ich glaube da erübrigt sich jede Diskussion. Auf Herrn Bukowski ist sie eingegangen. Hier scheint sogar so etwas wie ein Meinungsaustausch in Gang zu kommen. Immerhin. Ansonsten bestätigen Sie mit ihrer Aussage, dass Frau Stocker in einem Punkt lügt und daher nicht glaubwürdig sei, alles, worüber ich in meinem Kommentar #26 geschrieben habe. Frau Stocker ist damit in ihren Augen wie auch in denen von Prof. Hoffmann suspekt und nicht satisfaktionsfähig. Wenn das kein elitäres Machogehabe ist, was dann.
Lassen Sie uns bitte vom konkreten Beispiel Stocker wegkommen und endlich über die von Ihnen ja auch eingeräumten allgemeinen Formen des Sexismus reden. Ansonsten ist das hier eine sehr einseitige Diskussion, an deren Ende von all dem nichts mehr übrig sein wird. Als Anstoß dazu vielleicht nochmal die These der Herkunft, die ja keine so kleine Rolle zu spielen scheint. Allerdings ist sie für mich in Hochschulkreisen eher eine Frage der sozialen Stellung der jeweiligen Person, als die, ob sie vorwiegend autoritäre oder liberale Erziehung genossen hat. Standesdünkel spielen im Bildungsbürgertum eine nicht unerhebliche Rolle. Schnell wird man da, wenn man sich außerhalb der Norm stellt, entweder als nicht dazugehörig oder sogar als sich besser dünkend empfunden. Dies kann sich auch sexistisch äußern. Ich hob nicht umsonst in meinem nicht veröffentlichten Kommentarteil auf soziale und Geschlechtergerechtigkeit ab. Auch Neid und narzisstische Kränkungen könnte da eine Rolle spielen. Ich glaube, so etwas auch in Darja Stockers erstem Artikel gelesen zu haben.
(@ Stefan Bock: Posten Sie den fehlenden Kommentarteil gerne noch einmal, #27 kam hier an wie veröffentlicht. Die Redaktion)
Kommen wir zu den von Alice Schwarzer erwähnten 60er Jahren und zu Tobi Müllers Artikel, den ich zumindest als Denkanregung ganz interessant fand. Allerdings irrt Müller darin, die 68er für generell antiautoritär zu halten. Zumindest im Bereich der Bildung und Erziehung haben sie es ja versucht. Da hat sicher auch einiges in die bundes(west)deutsche Gesellschaft abgefärbt. Aber sonst? Wie ist es z.B. mit der sexuellen Befreiung und der Befreiung der Frau in Ost und West bestellt? Dem misst Müller anscheinend keine Bedeutung bei. Da er von brandenburgischen Seen spricht, komme ich nicht umhin, auf eine aktuelle Ost-West-Debatte hinzuweisen, die sich um Pornografie und Freikörperkultur dreht.
... (Hier in Kommentar #27 weiterlesen)
Allerdings hat das alles, obwohl nicht uninteressant, wenig mit der aktuellen Sexismusdebatte zu tun. Auch prallen heute ganz andere Gegensätze aufeinander. Es ist nicht ausschließlich ein Thema der autoritären Erziehung. Die war im Westen (hierbei spielt auch noch die Kirche eine große Rolle) ebenso ein Thema wie in der staatlich gelenkten Bildung der DDR. Außerdem hatte die antiautoritäre Erziehung auch ihre Probleme, wie wir heute von vielen Kindern der 68er wissen. Über die Eltern von Darja Stocker, Anna Rabe oder Oliver Bukowski wissen nur Eingeweihte etwas. Dass sie vermutlich auch aus dem intellektuellen Milieu (ob nun ost oder west) stammen, macht sie nicht frei von autoritären Einflüssen. Vieles ist aber auch gerade in der Einstellung zum eigenen Milieu begründet. Da ist die Generation der ab den 80er Jahren Geborenen in vielem schon etwas weiter, was auch an der globalen Vernetzung und dem dadurch breiteren Interesse am politischen Diskurs liegt. Zumindest in den entsprechend gebildeten Schichten. Man schaut nicht mehr allein auf lokale Prozesse und stellt auch eher bestimmte vorgefundene soziale Strukturen in Frage. Darüber schreibt Darja Stocker.
Und nochmal zu Herrn Baucks. Es geht nicht um eine geschlechterspezifische Rücksicht, die wäre in der Tat eine Form von positivem Sexismus nach dem Motto: Wir beschützen unsere Frauen. Es geht um Geschlechtergerechtigkeit. Voraussetzungen dafür sind echte gesellschaftliche und soziale Gleichstellung, angefangen von gleicher Bezahlung bis zu gleichen Aufstiegschancen. Bildung, Aufklärung und vor allem eine allgemeine soziale Gerechtigkeit spielen dabei eine große Rolle. Sowie die Bereitschaft, einander zuhören zu wollen.
Aber sie sind doch Autor, lieber Martin Baucks!- und da spielt es m.E. durchaus eine möglicherweise konstruktive Rolle in dieser Debatte, wenn Sie uns wissen lassen, WAS genau und WIE genau es in diesen Studiengängen, exemplarisch also an jenem der UdK, überhaupt von diesen hervorgebracht wurde. Und wie genau dieses von Ihnen konstatierte berufliche Fortkommen (und ein Fortkommen WOHIN?) von Frauen gefördert wurde.
Sind dort durch Lehre - wie Sie vorschlagen, insbesondere zu berücksichtigen, Frauen als Autorinnen überhaupt hervorgebracht worden?
Oder explizit f ä h i g e Autorinnen hervorgebracht worden?
Worin genau unterscheiden Sie denn fähige AutorInnen von anderen AutorInnen? Offenbar kennen Sie da verallgemeinerbare Unterschiede, die Sie uns vorenthalten.
Und das Fortkommen in welchen Berufen genau ist nach Ihrer Meinung durch das Studium in diesem Studiengang bei insbesondere Frauen gefördert worden?
Sie scheinen darüber einiges zu wissen, das sie uns hier lieber vorenthalten möchten oder das Sie nicht so, wie es Ihnen als formuliertes Ideal vorschwebt, verallgemeinern können. Mich würde es auch behelfsweise unperfekt dargelegt, jedoch sehr interessieren.
Wir sind ja hier nicht im MERKUR, nicht in der ZEIT und auch nicht im redaktionellen Teil von Nachtkritik, sondern nur in den Kommentarspalten. Da darf es ja weniger perfekt sein, ohne dass man gleich seinen Ruf als AutorIn riskiert.
Freundlich grüßt d.o.
#32: Ja, es hängt alles miteinander zusammen und muss auch zusammen gedacht werden! Aber es ist auch eine unumstößliche Lebenswahrheit, dass bei allen Schlüssen, die sich aus diesem zusammenhängend Gedachten als ziehen lassen und die nötige Handlungsänderungen ergeben, beim auch besten Willen nicht alles gleichzeitg zusammen geändert werden kann.
Es ist konstruktiv, wenn man dann soviel wie irgend auf einmal geht, ändert und destruktiv, wenn man wegen des Umfanges der festgestellten nötigen Änderungen gleich alle Forderungen aufgibt, weil man keine Prioritäten setzen kann oder will, da sie Ungerechtigkeiten implizieren. Es ist auch destruktiv nur so wenig wie irgend möglich ändert, weil es ohne Änderungen gar nicht mehr friedlich geht, weil man an bestimmten Ungerechtigkeiten nichts ändern möchte. Ich bin sicher, da sind wir einer Meinung. Ganz ohne Butler oder Frau Schwarzer trotz allem Respekt für beide.
Ich will aber nochmal auf einen Satz von Ihnen weiter oben eingehen. „…es gibt eine Rechtslage, die Gleichberechtigung zusichert. Die Frage der Umsetzung ist bei weitem nicht geklärt und mir persönlich ist sehr daran gelegen, weil damit auch meine eigene Position und Haltung, meine Interessen gestärkt werden. Vereinfacht gesagt, wenn ich Frauen als ebenbürtig betrachte, sind gesellschaftliche Umstände, die sie immer noch „klein halten“ wollen für mich hinderlich, denn sie fordern mich auf geschlechtsspezifische Rücksichten zu nehmen, die in einem Streit auf Augenhöhe dazu führen, dass ich meine Interessen wiederum zurücksetze und in die „Beschützerrolle“ zurückfallen könnte, eine Rolle, die mir so gar nicht behagt.“ Das verstehe ich nicht ganz, oder es zeigt vielleicht auch ganz stark das eigentliche Problem. Sie wollen mit Frauen auf Augenhöhe streiten und ihre Interessen durchsetzen, ohne dass sie a) als Sexist abgestempelt werden, oder b) in einer Art Beschützerrolle hinter Ihren Interessen zurückstehen müssen. Was ist das denn für eine diffuse Auffassung von Gleichberechtigung. Mit der Einstellung brauchen sie doch gar nicht erst anzufangen, zu streiten. Wer soll Ihnen denn das Problem lösen helfen, wenn Sie es aus Angst, etwas falsch zu machen, oder aus Rücksicht auf eigene Interessen gar nicht erst angehen? Wenn Sie mit Frauen auf Augenhöhe diskutieren, oder streiten wollen, dann machen sie das, ohne Wenn und Aber. Und reflektieren Sie sich einfach mal dabei. Behandeln Sie Frauen einfach so, wie Sie selbst behandelt werden wollen. Das wäre ein Anfang. Wo liegt denn da Ihr eigentliches Problem?
„Bei gleicher Qualifikations sind Frauen bevorzugt einzustellen.“ ist einer der prägenden Sätze in der westdeutschen Geschichte. Dieser Satz wurde erst durch ein europäisches Gerichtsurteil verboten. Übrigens gab es einen ähnlichen Satz für Behinderte, was auch einen etwas „schaurigen“ Eindruck hinterließ, Frauen und Behinderte in einem Atemzug zu nennen. Es geht bei diesem Vorgang der „Bevorzugung“ nicht um persönliche Probleme von Einzelnen oder gar meiner Person, es ging darum einen gesellschaftlichen Defizit aufzuarbeiten.
Man kann natürlich stets Augenhöhe praktizieren, aber wenn man offiziell Benachteiligten gegenüber steht, die nachweisliche Nachteile erfahren, ist diese Praxis häufig bigott. Grundsätzlich kann man Benachteiligten gegenüber nur dann Augenhöhe praktizieren, wenn der gesellschaftliche Nachteile aufgehoben wurde.
Nie habe ich gelesen: Bei gleicher Qualifikation sind Menschen aus sozial benachteiligten Verhältnissen bevorzugt einzustellen. - Dies nur am Rande.
Nun zu etwas Anderem. Sasha Marianna Salzmann soll sich für eine Fortführung der Bukowski-Professur stark gemacht haben, las ich hier. Ich denke, sie ist eine prominente, weibliche Vertreterin aus diesem Studiengang und ganz sicher nicht ein singulärer Beleg für erfolgreiche Abgängerinnen aus diesem Studiengang.
Ich sehe hier lediglich Darja Stocker einem stetigen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt. Besonders von Ihnen, Herr Baucks. Schon Frau Stocker vorzuwerfen, methodisch vorzugehen, ist schlicht zynisch. Und Sasha Marianna Salzmann als Leumundszeugin für Herrn Bukowski bedarf es da auch nicht.
Die Schuld für unklare Verhältnisse in der Frauenförderung allein der Politik zuzuschieben, halte ich für eine billige Ausrede. Außerdem gibt es die bevorzugte Einstellung von Frauen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) immer noch. Sie ist nur an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie die Unterrepräsentierung von Frauen im ausgeschriebenen Stellenbereich. Also im öffentlichen Dienst gibt es unter dem Passus "bei gleicher Eignung" immer noch die Förderung der Einstellung von Frauen oder den von Ihnen erwähnten Schwerbehinderten. Ein anderer Passus lautet z.B.: "„Die xy Universität fordert Frauen ausdrücklich zur Bewerbung auf.“ Weiterhin gibt es das sogenannte "Gender Mainstreaming" als Strategie zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Das ist sogar eine EU-Initiative. Die Förderung von „Menschen aus sozial benachteiligten Verhältnissen“ sollte schon im Jugendalter beginnen, nicht erst wenn die Benachteiligten schlecht ausgebildet auf den Arbeitsmarkt oder gleich in die Hartz-4-Abhängikeit drängen. Hier hat die Politik tatsächlich Nachholbedarf. Wie die einzelnen Maßnahmen in der Arbeitswirklichkeit umgesetzt werden, liegt dann eben auch an den einzelnen Personalabteilungen. Zumindest bei Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst wird man die Frauenbeauftragte nicht so leicht umgehen können. Also es gibt schon genügend Mechanismen, wie die von Ihnen genannten gesellschaftlichen Nachteile aufgehoben werden könnten. Es fehlt halt meist am Willen, oder man schreckt vor allem vor komplizierten Ausschreibungsverfahren zurück. Leider weicht das nun doch etwas vom eigentlichen Thema struktureller Sexismus in Lehranstalten ab. Obwohl, wenn es an der UdK mehr Frauen in Lehrpositionen gäbe, wir hier wahrscheinlich auch nicht diskutieren müssten.
Warum sollte uns also dieses "Geschlechtsunabhängige" zu denken geben? Bei "Plutos" haben Sie mit vielen Schauspielern zusammen gearbeitet, mehrheitlich Frauen, die in meinen Augen ähnlich wie das Klischeebild "Hexe" ausstaffiert wurden, ebenso wie Penia. War das Ihre Idee? Oder kam die aus dem Kollektiv? Diese Schauspieler stellten Bauern dar. Der Gott des sehenden Geldes dagegen wird am Ende symbolisiert von einer - Achtung klassisches Weiblichkeits-Klischee! - glänzenden Schönheit. Genau, aber im Stückkontext passte das auch ganz gut: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Den Reichtum am Ende anzubeten wie Jesus, hilft das wirklich allen Menschen weiter? Wenn Geld sehen lernt, zieht das also nicht automatisch immer nur gute Taten nach sich. Weder im Kapitalismus noch im Kommunismus/Sozialismus. Das ist klar. Und wer immer nur seine andere Wange hinhält, ist der am Ende nicht auch irgendwie der Doofe? Sich zu wehren, muss ja nicht gleich körperliche Gewalt heissen. Mhmh.
Übrigens, mein Sohn findet sowohl einen Hammer als auch Strohhalme toll. Einfach nur so. Toll! Ist das nicht prima?! Und er sagt, ich habe einen Penis. Also, entschuldigung, aber ich weiss nicht, warum er davon so überzeugt ist. Er ist also erstmal ganz unideologisch!
Ob ein oder zwei oder drei Herren aus den älteren Genartionen sich in ihrem Selbstbildnis innerhalb des Konfliktes nicht richtig wiedergegeben fühlen, kann man hinnehmen, ist aus haltbar und erträglich.
Ach so. Und weil wir geschlechtsunabhängig dumm sind, zeigen Sie uns Strohhalmen also, wo der Hammer hängt?
Mit #41 kann ich leben. Die Diskussion wird eh fortgeführt werden, ob nun mit Strohhalm oder Hammer.
Mein Sohn wird in vier Monaten drei. Mit unideologisch meinte ich, dass es ihm total egal ist, ob nun Butler oder Schwarzer oder Steckel oder Baucks oder Bock oder Kommunismus oder Kapitalismus usw. Er plappert halt noch nach.